Asphalt Festival Regisseur lädt zu einem „Spaziergang“ durch Düsseldorf ein

Düsseldorf · Regisseur Stefan Herrmann lädt im Rahmen des Düsseldorfer Asphalt Festivals zu einem Spaziergang ein.

Stefan Herrmann ist Regisseur des Stücks.

Foto: marcel Wurm/Marcel Wurm

Stefan Herrmann ist Sinti. 1976 in Hamburg geboren, lebt er heute seiner Familie in Bonn. Dort und in Köln organisierte der Theatermann zahlreiche Projekte zu Sinti und Roma, auch mit Jugendlichen. Das Regiehandwerk lernte er als Assistent bei Peter Zadek, Claus Peymann und Georges Tabori und bewegt sich heute als Regisseur zwischen Inszenierungen mit Profischauspielern an Stadttheatern und freien Produktionen mit den sogenannten ‚Experten des Alltags‘, meist mit seinem Kollektiv „The Beautiful Minds“. Vom 12. bis 16. Juli lädt er im Rahmen des Düsseldorfer Asphalt Festivals zu einem ‚Spaziergang‘ der anderen Art ein und führt an Orte der Erinnerung.

Bei Ihren Projekten geht es stets um respektvollen Umgang mit Roma, von denen einige nach Deutschland geflohen sind. Trifft das auch zu für Ihr Projekt für das Asphalt-Festival?

Stefan Herrmann: Ja, die Düsseldorfer „Rom:nija“, mit denen wir während der Recherche gesprochen haben und die am Projekt teilnehmen, sind zum größten Teil Kinder der ersten Gastarbeiter-Generation. Die meisten kommen aus dem heutigen Nord-Mazedonien.

Worum geht es Ihnen genau in dem „performativen Audiowalk?

Herrmann: ROM / MENSCH war ursprünglich als Audiowalk geplant, aber die Spielorte liegen so weit auseinander, dass wir eine Shuttle-Tour machen. Das Publikum wird per Großraumtaxi zu den einzelnen Stationen gebracht und hört auf den Fahrten Lebensgeschichten Düsseldorfer ‚Rom:nija‘. In erster Linie geht es darum, die stereotypen Bilder, die die Mehrheitsgesellschaft von den Roma hat, zu hinterfragen und aufzulösen, indem wir andere Bilder dagegensetzen.

Wer ist beteiligt?

Herrmann: Wir werden Geschichten hören von einem Busfahrer, einem Imam – die meisten mazedonischen Roma sind Moslems –, einer Unternehmerin sowie Immobilienbesitzern und politisch Engagierten.

Welche Stationen haben sie für den Walk ausgewählt?

Herrmann: Die Stationen liegen allesamt in Stadtteilen, die für die Düsseldorfer ‚Rom:nija‘ eine historische Bedeutung haben: Flingern und Lierenfeld. Viele haben auf der Erkrather Straße gelebt, bei Hein Lehmann gearbeitet oder sind heute für die Rheinbahn tätig. Hier liegen auch die Roma-Moschee und das Mahnmal für die Opfer des Holocausts, das an das sogenannte „Zigeunerlager“ am Höherweg erinnert.

Wie ist der Ablauf?

Herrmann: Start und Ende ist am Zakk in der Fichtenstraße. Von dort wird man per Shuttle zu zwei weiteren Stationen gefahren, wobei die Fahrten auch Teil der Performance sind. Insgesamt dauert ein Ablauf etwa 90 Minuten.

Gibt es für Sie einen bestimmten Kodex für „respektvollen und menschlichen Umgang“ in einer Stadtgesellschaft?

Herrmann: Einer der wichtigsten Werte der Sinti und Roma ist tatsächlich der Respekt. Insbesondere vor den Älteren. Ich selbst stamme ja aus einer Sinti-Familie, mein Vater ist Sinto. Seine erste und wichtigste Lektion für mich war, niemals den Respekt vor anderen zu verlieren, weil man sonst irgendwann den Respekt vor sich selbst verliert. Daran orientiere ich mich. Natürlich habe auch ich meine Vorurteile und Denkfallen – wenn ich damit konfrontiert werde, ist das oft schmerzhaft, aber am Ende versuche ich, daraus zu lernen. Ich finde, man kann sich streiten und heftig auseinandersetzen, solange man nicht respektlos wird.

Wie reagieren Sie, wenn jemand Sie persönlich, Freunde oder Verwandte „Zigeuner“ nennt?

Herrmann: Ich persönlich werde nicht so genannt. Man vermutet es bei mir ja auch nicht direkt, weil ich als weiß „gelesen“ werde. Letztens saß ich aber im Bus neben einer Gruppe Jugendlicher, die über jemand anderen gelästert haben und dabei ständig das Z-Wort benutzt haben als das schlimmste und beleidigenste Wort, mit dem man jemanden beschimpfen kann. Da bin ich innerlich zusammengezuckt, das hat mich sehr getroffen.

Hat sich seit der Flüchtlingskrise 2015 etwas im Verhalten der Bürger verändert?

Herrmann: Ich habe in meinem direkten Umfeld viel Hilfsbereitschaft und Solidarität erlebt. Gleichzeitig nehme ich aber wahr, dass sich das politische Klima verändert hat und bewusst Ängste bei vielen Bürgern geschürt werden. Ich glaube fest daran, dass, wenn man zunächst bei sich selbst anfängt und sich seinen eigenen Ängsten oder Vorurteilen stellt – vielleicht sogar auf spielerische oder humorvolle Art –, jede Krise eher eine spannende Aufgabe darstellt, an der man wachsen kann.

Das Publikum begibt sich pro Vorstellungstermin in sechs Gruppen à sieben Zuschauern per Großraumtaxi im 30-Minuten-Rhythmus zu Stationen auf eine Reise durch die Stadt. Für die Vorstellungen am Dienstag, Donnerstag und Freitag gibt es zu unterschiedlichen Zeiten noch Tickets.
Das zakk, Fichtenstraße 40, 40233 Düsseldorf ist Start- und Zielpunkt der Shuttle-Tour „ROM/MENSCH“, Tickets 16 Euro normal, 8 Euro ermäßigt. Nicht barrierefrei.