Aktion in Wuppertal Auf den Spuren Paula Modersohn-Beckers
Wuppertal · 1200 Leserinnen und Leser haben das Von der Heydt-Museum besucht und sich von den Bildern und dem bewegten Leben der Malerin beeindrucken lassen.
Der sprichwörtliche „Rutsch“ ins neue Jahr wird in der Regel im Kreis von Freunden und Familie gefeiert. Paula Modersohn-Becker hingegen setzte sich in der Silvesternacht 1899 allein in einen Zug und fuhr zum ersten Mal „Von Worpswede nach Paris“ – so lautet der Untertitel der Ausstellung, die das Wuppertaler Von der Heydt-Museum der Künstlerin gegenwärtig widmet. „Das ist schon ein Statement“, fand Ute Reuschenberg, die am Samstag die Ausstellung besuchte. „Sie ist eine mutige Frau gewesen.“ Rund 1200 Leserinnen und Leser dieser Zeitung tauschten zum WZ-Tag ihre Sonderseite der Samstagsausgabe gegen einen freien Eintritt in die Ausstellung und erhielten dabei nicht nur Einblicke in Paula Beckers Kunstwerke zwischen Worpsweder Naturalismus und Pariser Avantgarde, sondern auch in das bewegte Leben einer emanzipierten Frau in einer männlich dominierten Zeit.
Im Gästebuch des Museums bedankten sich zahlreiche Besucher für den „besonderen Blick“ auf eine „beeindruckende Persönlichkeit“, Unmut wurde nur über die wegen des Regens verschärfte Taschen- und Jackenkontrolle geäußert. „Eine sehr bemerkenswerte Ausstellung“, fand Siegfried Wirtz, der den frühen Tod der Künstlerin – Paula Modersohn-Becker wurde nur 31 Jahre alt – bedauerte. „Das ist fast ein Wunder, dass so ein junger Mensch so viele wunderbare Bilder hinterlässt.“ Seine Frau Christa berichtete, sie seien kurz nach ihrer Hochzeit in Worpswede gewesen und hätten dort bereits Bilder von Paula Modersohn-Becker gesehen. Vor allem die Künstlerin im Kontext ihrer Zeitgenossen zu sehen, habe sie fasziniert. Ihre Freundschaft zu Künstlern wie ihrem späteren Mann Otto Modersohn und Rainer Maria Rilke ist in Begleittexten an den Wänden der Ausstellungsräume dokumentiert.
Heike Rahm aus Köln:
„Das erweitert den Horizont“
Die Zusammenstellung der Künstler, deren Einfluss in der Entwicklung von Paula Modersohn-Beckers Stil sichtbar wird, wurde auch von anderen Besuchern gelobt: „Das erweitert den Horizont, nicht nur über die Künstlerin, sondern über ihre ganze Zeit“, so Heike Rahm, die aus Köln angereist war, um die Ausstellung zu besichtigen. Ihre Freundin Ute Reuschenberg zeigte sich vor allem beeindruckt von der Aufrichtigkeit der Porträts: „Jemanden darzustellen, wie er ist, ohne ihn zu entwürdigen, das ist eine Gabe, die nicht viele Künstler haben.“
Vor allem das Thema Weiblichkeit habe Paula Modersohn-Becker auf ungewöhnliche Weise zu behandeln verstanden, ganz ohne zu sexualisieren oder zu verklären – und das zu einer Zeit, in der Künstlerinnen es nicht leicht hatten, sich gegen ihre männlichen Kollegen zu behaupten. Die emanzipierte Einstellung der Künstlerin beeindruckte auch Brigitte Naurath, die Paula Beckers Zerrissenheit zwischen vertrauter Heimat und fremder Großstadt, zwischen Kinderwunsch und Freiheitsdrang wiedererkannte. „Das sind ganz aktuelle Themen“, sagte sie. „Ich bin ganz begeistert“, stimmte ihr Mann Alfred zu. Eigentlich hätten sie sich den Museumsbesuch zu Weihnachten schenken und zwischen den Feiertagen herkommen wollen. „Aber jetzt hat uns die WZ den Besuch geschenkt“, freute sich Brigitte Naurath. Den ersten Rundgang unternimmt das Ehepaar getrennt, um die Bilder wirken zu lassen und sich anschließend gegenseitig Favoriten zu zeigen und sich über die Werke auszutauschen. Ob mit einer Führung oder auf eigene Faust – Interessierte haben, Verlängerung sei Dank, noch bis zum 24. Februar 2019 Gelegenheit, die Ausstellung über Paula Modersohn-Becker zu besichtigen.