Julia Franck: Ein Star am Literaturhimmel
In Düsseldorf erzählt die gerade mit dem Deutschen Buchpreis prämierte Autorin, wie sich ihr Leben in ihrem Roman spiegelt.
Düsseldorf. Mit ihrem Roman "Die Mittagsfrau" hat die 37-jährige Autorin im Oktober den Deutschen Buchpreis gewonnen. Seitdem sind die Säle ihrer Lesungen gut gefüllt, kürzlich las Julia Franck in Wolfsburg vor 800 Menschen. Ein bisschen unheimlich scheint ihr dieser plötzliche Erfolg zu sein, aber wie Gastgeber Rudolf Müller im ausverkauften Heine-Haus feststellt: Sie bleibt so natürlich und freundlich wie zuvor. Ihr verträumter Blick aus den blauen Augen bezaubert ebenso wie ihre samtene Stimme. Was Julia Franck aber vorliest, hat mit Lieblichkeit nichts zu tun.
"Die Mittagsfrau" spielt vor und während des Zweiten Weltkriegs und beschreibt das Schicksal von zwei Schwestern, die nach einer fröhlichen Zeit im Berlin der 20er Jahre leidvolle Erfahrungen durchleben - wie so viele Frauen in jener Zeit. Schon im Prolog, den Julia Franck im Heine-Haus las, wird das schreckliche Ende vorweggenommen: Die Krankenschwester Helene lässt auf der Flucht nach Westen ihren siebenjährigen Sohn Peter auf einer Bank vor einer Bahnstation sitzen - und kommt nicht wieder.
"Die Mittagsfrau" ist also keine recherchierte Familiengeschichte, sondern Erfindung, die Figur der Helene, die sich ins Schweigen zurückzieht und verhärtet, eine Fiktion. Mit vielen sinnlichen Details gelingt es Julia Franck, die wechselnde Perspektive des Kindes wie auch der von Helene und ihrer Schwester zu vermitteln. Woher der Titel kommt, verrät die Autorin auch: In einer Lausitzer Sage erschien die weiß leuchtende "Mittagsfrau" jenen, die es wagten, in der Mittagspause zu arbeiten. Sie wurden verwirrt und konnten nur genesen, wenn sie eine Stunde lang erzählten. Was Julia Franck daran so bemerkenswert findet: dass Sprache retten kann.