Literaturnobelpreisträgerin König mit schlechter Frisur: Jelineks Hörspiel über Trump
München (dpa) - Der König ist eine selbstherrliche Machtfigur mit übersteigertem Sendungsbewusstsein. Er hat eine schlechte Frisur und mag Frauen am liebsten griffbereit: „Damit man auf ihnen schöne Melodien spielen kann.
Auf ihrem Griffbrett.“
Der Name Trump fällt in Elfriede Jelineks neuem Stück „Am Königsweg“ kein einziges Mal. In einer Hörspielfassung des Textes, die Karl Bruckmaier für den Bayerischen Rundfunk bearbeitet hat, ist trotzdem sofort klar, um wen es geht.
Die österreichische Literaturnobelpreisträgerin Jelinek, eine der wichtigsten Dramatikerinnen der Gegenwart, hatte die Arbeit an dem Stück am Tag nach Trumps Wahlsieg begonnen. Vor rund drei Monaten lasen Schauspieler in einem New Yorker Theater in unmittelbarer Nähe zu Trumps Wolkenkratzer erste Textstellen aus „Am Königsweg“ vor. Am 28. Oktober soll die Theaterversion am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg uraufgeführt werden.
„Der König hat die Gewalt, und bringt sie auch“ - in einem losen Assoziationsfluss kreist der Text um einen raffgierigen Herrscher. Eine an die Muppet-Figur Miss Piggy erinnernde blinde Seherin versucht, aus dessen wirrem Verhalten die Zukunft abzuleiten.
Jelineks Textcollage ist im Hörspiel auf viele Sprecher aufgeteilt. Das ist bei einer Autorin, die so gerne zitiert, natürlich nicht verwunderlich. In diesem Fall bedient sie sich unter anderem bei Martin Heidegger, Sophokles und David Cay Johnston („Die Akte Trump“).
In ihren Texten lässt Jelinek Philosophen genauso sprechen wie das Bundesgesetzbuch, sie zitiert Maria Stuart und Ulrike Meinhof, Herren und Knechte - und immer wieder auch alberne Stimmen. Da passt es gut, dass im Hörspiel unter anderem die deutschen Synchronstimmen von Miss Piggy und Homer Simpson zu Wort kommen.
Zum Totlachen, wenn Homer Simpson etwa spricht: „Ich erlaube nicht, dass ein anderer König wird, ich aber will es irgendwie auch nicht sein, das habe ich nicht nötig.“
Überhaupt ist das Hörspiel von „Am Königsweg“ vor allem ein großer Spaß. Dazu tragen die vielen albernen Stimmen ebenso bei wie Jelineks typische Wort-Assoziationsketten: „Der König - wird er uns zuerst als eine Art Erlöser erscheinen? Aber dann werden wir ihn wieder freilassen, erlösen. Damit er seine Erlöse verbergen kann, besser als derzeit.“
Gegenseitig rufen sich die Stimmen zu, was ihnen zum König einfällt: Seine Liebe zum Gold, sein Drang, Häuser zu bauen, und seine Frauenfeindlichkeit.
Doch was prophezeit Miss Piggy für die Zukunft? Revolution könnte eine Rettung sein, krächzen die Stimmen - „man weiß es derzeit nicht“.
Bis es so weit ist, bleibt zumindest für Jelinek die Kunst. Herbert Kapfer, leitender Redakteur des Hörspiels, formuliert es so: „Jelineks ätzende Kritik und ihr sprachspielerischer Galgenhumor demonstrieren eine Überlegenheit, wie sie in der Kunst, im Kampf zwischen Geist und Macht, manchmal sichtbar wird.“