Schriftstellerin ohne Scheu vor langen Sätzen

Die geborene Stuttgarterin Sibylle Lewitscharoff bekommt in diesem Jahr den renommierten Georg-Büchner-Preis.

Frankfurt. Wer die neue Büchner-Preis-Trägerin erlebt, bekommt sofort ein Gefühl für die Texte der Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff. Eine unerschöpflicher Beobachtungsenergie und ein erfrischend unfeierlicher Spielwitz zeichnen ihre Romane aus, begründet die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung die Auszeichnung für die 59-Jährige. „Ich liebe es, unsere Grammatik voll auszuschöpfen, auch mal fünf Nebensätze zu benutzen“, erzählt die gebürtige Stuttgarterin — nachdem bekanntwurde, dass sie die mit 50 000 Euro dotierte, wichtigste literarische Auszeichnung Deutschlands in diesem Jahr erhalten wird. „Und ich liebe es, feurig mit Freunden zu diskutieren. Das zeigt sich auch in meinen Texten.“

Den Weg zu guten Texten und zu einer der bedeutendsten deutschen Schriftstellerinnen haben ihr persönliche Erfahrungen und eine schwere Krankheit geebnet, berichtet die studierte Religionswissenschaftlerin. Ein „Herzaufschluss“ sei das gewesen, eine Initialzündung. „In dem Moment, wenn ihnen die Bedrohung an die Kehle fährt, finden sie die Welt von einer so bezaubernden Schönheit“, sagte sie damals in einem Interview. Das habe ihr Schreiben beeinflusst.

Bereits als 16-Jährige schreibt sie einen Roman. „Aber das taugte nichts — schlicht und ergreifend“, erinnert sie sich. Ihre Anfänge seien blumig gewesen, es fehlten der Realismus und das Futter. „Das war immer so metaphorisch.“ Lewitscharoff arbeitet zuerst als Buchhalterin, erst Mitte 30 ändert sich ihr Schreibstil.

1994 veröffentlicht sie ihr erstes Buch „36 Gerechte“. Für ihren Roman „Pong“ erhält sie 1998 den Ingeborg-Bachmann-Preis. „Mich locken immer wieder neue Themen, und ich suche mir immer wieder neue Figuren“, schildert Lewitscharoff ihre Arbeit. Ein immer wiederkehrendes Oberthema ihres Schaffens habe sie zwar nicht. Im Stil gebe es aber eine Grundkonstante: „Ich lehne alles Primitive im Text ab.“ Daher komme auch der Hang zu langen Nebensatzkonstruktionen.

Nun also der Büchner-Preis.