Schweden feiert Nobelpreisträger Tranströmer

Kopenhagen/Stockholm (dpa) - Er kann wegen seiner Sprechbehinderung die Nobelvorlesung nicht halten und kommt zur Preisverleihung im Rollstuhl.

Tomas Tranströmer zeigt als diesjähriger Träger des Literaturpreises in der Nobelwoche bis zur Verleihung am Samstag durch König Carl XVI. Gustaf trotzdem viel Präsenz und bekommt neben massiver Aufmerksamkeit auch viel Wärme zurück.

„Hier geht es um Liebe. Das ist wunderschön“, meint der Verleger Svante Weyler. „Es tut einem Land einfach gut, mal einen eigenen Poeten liebzuhaben.“

Für die traditionelle Nobelvorlesung am Mittwoch lud die Schwedische Akademie zu einem ausdrücklich so benannten „Alternativprogramm“ in den alten Stockholmer Börsensaal. Weil der 80-jährige Lyriker seit seinem Schlaganfall 1990 nur noch einzelne Wörter wie „ja“, „nein“ oder „gut“ sagen kann, übernahmen Schauspieler die sonst dem Preisträger vorbehaltene Rednerrolle.

Krister Henriksson, auch in Deutschland bekannt durch die Rolle als TV-Krimikommissar Wallander, sollte zusammen mit seiner Kollegin Kristina Adolphson Tranströmer-Gedichte rezitieren. Weil der Preisträger leidenschaftlicher Musikliebhaber ist und mit seinem intakten Arm viel Klavier spielt, stand entgegen den sonstigen Nobelgepflogenheiten auch Kammermusik auf dem Programm. Tranströmer und seine Ehefrau Monica Tranströmer-Bladh saßen in der ersten Reihe.

Seit der Bekanntgabe der Zuerkennung Anfang Oktober konnten die Schweden das unglaublich freundliche und Wärme ausstrahlende Gesicht ihres schwerbehinderten Nobelpreisträgers überraschend oft im Fernsehen und anderen Medien anschauen: Ein froher, innere Harmonie ausstrahlender alter Herr am Klavier oder bei der Ausfahrt durch Stockholm im Rollstuhl.

Zuvor hatte es jahrelang geheißen, die Akademie scheue vor einer Vergabe des begehrtesten Literaturpreises der Welt an den heimischen Lyriker auch zurück, weil das den kranken Poeten zu sehr aufregen würde. Aber davon war nicht das Geringste zu spüren in den kleinen Interviews, die Tranströmer zusammen mit seiner Ehefrau Monica Tranströmer als einer Art „Sprach-Medium“ gerne und oft gab.

Für die Bürger seiner Geburtsstadt Stockholm präsent ist Tranströmer diese Woche sogar als Insektensammler. Das Naturhistorische Reichsmuseum zeigt die persönliche Sammlung des Dichters aus jungen Jahren. „Svenska Dagbladet“ bildete dazu am Mittwoch ein nach dem Lyriker benannte Käferart, den „Tranströmerschen Turmkäfer“, ab und zitierte aus einem Gedicht zum Thema.

Die Schwedische Akademie hat den in mehr als 60 Sprachen übersetzten und von Lesern und Kritikern gleichermaßen verehrten Künstler mit dem Nobelpreis 2011 ausgezeichnet, „weil er uns in komprimierten, erhellenden Bildern neue Wege zum Wirklichen zeigt“. In einem Haiku (2005 in deutscher Übersetzung erschienen) schrieb er: „Schaut, wie ich sitze wie ein an Land gezogener Kahn. Hier bin ich glücklich.“