Arien an der frischen Luft

Erstmals überträgt die Deutsche Oper am Rhein ihr Programm auf eine Leinwand nach draußen. Das Publikum zeigt sich begeistert.

Düsseldorf. Der neue Opern-Intendant Christoph Meyer modernisiert sein Haus, indem er es nach draußen öffnet. "Oper am Rhein für alle" heißt die Eröffnungsgala, die nicht nur die zahlenden und fein gekleideten Damen und Herren im Düsseldorfer Haus an der Heinrich-Heine-Allee genießen können. Denn die Oper kommt buchstäblich an den Rhein, genauer: an den Burgplatz.

Hier hat Meyer eine Leinwand und Boxen installieren lassen, mit deren Hilfe das im Opernhaus von sieben Kameras und vielen Mikrophonen eingefangene Geschehen nun auch draußen zu sehen und zu hören ist. Zwei populäre und zugleich opernkundige Moderatoren führen draußen und drinnen durch den Abend: Harald Schmidt und Eckart von Hirschhausen.

Mit dem Duo landet Meyer einen Coup, denn die beiden sind nicht nur professionelle Unterhalter, sondern sie können auch erklären, worum es in der Oper geht. Beispiel "Walküre" von Wagner: "Siegmund und Sieglinde merken, dass sie Geschwister sind und sagen sich: Prima, lass uns heiraten!"

Inzest, das sei ein Spiel, bei dem die ganze Familie mitmachen könne, sagt Schmidt, allerdings auf Englisch, was das heikle Bonmot ein wenig abfedert. Dann definiert er etwas ironisch den Begriff Regietheater: "Im Regietheater denkt der Regisseur dort zu Ende, wo der Komponist geschwächelt hat."

Im fliegenden Wechsel treten Schmidt und Hirschhausen im Opernhaus und am Burgplatz auf, mal gemeinsam, mal getrennt, unterhalten das etablierte Publikum, haben es aber auch auf die junge Generation abgesehen. Eines sei ein Jammer, meint Hirschhausen: "Man entwickelt die Antenne für Wagner erst, wenn Haare im Ohr sind."

Schon zu Beginn der Übertragung aus dem Opernhaus gegen 20 Uhr ist der Burgplatz mit rund 10.000 Menschen gut gefüllt. Während die Qualität der Bilder keine Wünsche offen lässt, bleibt der (kostenlose) Hörgenuss jedoch eher bescheiden.

Die Gala begeistert ganz besonders durch musikalische Spitzenleistungen. Drei Weltstars singen berühmte Arien und Duette. Da steht etwa das Wagner-Paar Deborah Polaski und Peter Seiffert auf der Bühne mit der berühmten Geschwister-Erkennungs-Szene mit Siegmund und Sieglinde aus der "Walküre".

Noch eindrucksvoller ist der nicht mehr ganz junge, aber weiterhin stimmgewaltige Neil Shicoff in der berühmten Sternenarie aus Puccinis "Tosca". Shicoff besitzt stählerne Höhen und "Schluchzer", die aus tiefstem Herzen zu kommen scheinen.

Die hauseigenen Stars müssen sich aber keineswegs verstecken. Bei Jeanne Pilands (Mezzosopran) Mascagni bekommt man eine Gänsehaut, und Bassist Hans-Peter König vereint bei Verdi auf wunderbare Weise Buffo-Humor und sonoren Belcanto.

Zudem tauchen neue Namen aus dem Opern-Studio auf, die man sich merken sollte. Dmitry Trunov (23) erweist sich mit Donizetti als große lyrische Tenor-Hoffnung, und die Damen Anett Fritsch und Theresa Kronthaler singen Operette wie Diven aus goldenen Zeiten.

Und es gab noch ein brillantes Debüt: Der neue Generalmusikdirektor (GMD) Axel Kober zeigt, dass er den Düsseldorfer Symphonikern genreübergreifend Mitreißendes zu entlocken vermag. Stehende Ovationen um Mitternacht.