Auf dem Plateau des Aufklärers

Der angesehene Dichter Hans Magnus Enzensberger wird 80.

Düsseldorf. Er wurde am Mittwoch vor 80 Jahren in Kaufbeuren geboren, im Schwabenlande, wo auch die Wiege von Wieland, Schiller, Hölderlin, Uhland, Mörike, Gustav Schwab, Wilhelm Hauff und Bertolt Brecht stand. Enzensberger und Brecht verbindet vieles: das linke Gewissen, die Unverblümtheit, das couragierte Auftreten - und die Liebe zu Skandinavien.

Allerdings musste Brecht sich ins Exil nach Dänemark flüchten, während Enzensberger zwecks Erholung eine Insel im Oslofjord vorzieht, doch dann wie Brecht auch, Berlin.

Enzensbergers Gedichte und Essays, seine Zeitschriften "Kursbuch" und "TransAtlantic", dazu noch die weit über 100 Bände der von ihm herausgegebenen Reihe der Anderen Bibliothek, zuerst bei Greno, nun im Eichborn Verlag, füllen Regalwände. Er ist ein unermüdlicher Kopf-Arbeiter, ein leidenschaftlicher Autor, der sich aber auch mit eben soviel Lust streitet - mit Grass, mit Uwe Johnson einst.

Ihren Schriftwechsel kann der geneigte Leser jetzt in voller Länge bewundern. Er begann vor 50 Jahren im Dezember 1959, als Uwe Johnson, geboren wie seine literarische Gestalt aus "Jahrestage", Gesine Cresspahl, in Pommern, nach dem Studium bei Hans Mayer die DDR verließ und nach Berlin-Friedenau zog.

Da gab es den ersten heftigen Streit, als er in Amerika aus der Zeitung erfuhr, dass Kommunarden in seiner eigentlich an Ulrich Enzensberger vermieteten Wohnung lebten. Der Ton wurde immer härter, schroffer. Die letzten Briefe wechselten sie 1975. Johnson nahm sich 1984 auf Sheerness on Sea das Leben.

Hans Magnus Enzensbergers Vielseitigkeit indes ist schier unbegrenzt. So verfasste er ein Libretto für den Komponisten Hans Werner Henze, "El cimarrón", uraufgeführt 1970. Aber auch Theaterstücke, etwa "Der kurze Sommer der Anarchie" (1972) oder "Requiem für eine romantische Frau" (1990).

Schließlich hat er im vergangenen Jahr den Beweis angetreten, dass er auch den langen Atem und die dramaturgische Gestaltungsfähigkeit für einen Roman besitzt: "Hammerstein oder Der Eigensinn" heißt der Titel, ein packendes Thema packend gestaltet.

Und er reist gern und viel, in die USA, wo er auch studierte und selber lehrte, nach Kuba und Russland. Auch ist es nicht leicht über seine Preise und Auszeichnungen die Übersicht zu behalten.

Da sind etwa der Darmstädter Büchner-, der Kölner Heinrich-Böll- und der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Preis. Auch der ehrenvolle Pour le mérite wurde dem linken Intellektuellen angeheftet. Hans Magnus Enzensberger hat das Plateau des Aufklärers niemals verlassen.