Beifall für „Der Revisor“ bei den Ruhrfestspielen
Recklinghausen (dpa) - Russische Stücke stehen in diesem Jahr im Mittelpunkt der Ruhrfestspiele Recklinghausen. Festspielleiter Frank Hoffmann inszenierte zum Auftakt am Donnerstagabend Gogols „Revisor“ mit vielen Anspielungen auf die Gegenwart und „die da oben“.
Obwohl das Ensemble mitunter vergeblich um die notwendige Leichtigkeit rang, spendete das Premierenpublikum im Großen Festspielhaus auf Recklinghausens „Grünem Hügel“ lebhaften Beifall.
„Der Revisor“ spielt im 19. Jahrhundert im zaristischen Russland. In einer kleinen Provinzstadt herrscht Alarmstimmung. Die tonangebenden Herren haben gehört, dass aus der Hauptstadt ein staatlicher Kontrolleur, ein „Revisor“, kommen soll. Alle haben Dreck am Stecken, der Stadthauptmann rät, bereit zu sein. Doch sie verwechseln den Revisor mit einem unbedeutenden Beamten, der dringend Geld braucht. Erst zum Schluss bemerken sie, dass sie einen Falschen bestochen haben; da kündigt sich der richtige Aufsichtsbeamte an.
Regisseur Frank Hoffmann und sein Ensemble spielen eine Typenkomödie. Am deutlichsten wird es bei Anna Andreevna, der Frau des Stadthauptmanns. Kostümbildnerin Katharina Polheim hat für sie einen grellgelbes Kleid entworfen, viel zu kurz und viel zu weit ausgeschnitten. Die Schuhe haben so hohe Absätze, dass die Stadthauptmännin kaum gehen kann - Tatjana Pasztor skizziert eine eitle Frau, die nicht wahrhaben will, dass sie älter wird.
Das Ensemble versucht, die Gestalten lächerlich erscheinen zu lassen, indem es wie Clowns spielt. Das wirkt selten wirklich komisch, meist angestrengt - auch wenn die Clowns mitunter an das absurde Drama erinnern, an Samuel Beckett. Aber neben der komischen Seite, die die Bestechlichen an den Pranger stellt, gibt es auch ernsthafte Studien: Was sind das für Menschen, die ihre Verantwortung nicht wahrnehmen und die ihnen Anvertrauten im Stich lassen? Die Schauspieler zeigen immer wieder Studien der Unterwürfigkeit und des hündischen Gehorsams: Verbeugungen, Handküsse, ja, mitunter knien die Direktoren vor dem vermeintlichen Revisor.
Ex-Tatort-Kommissar Bernd Michael Lade versucht, sich von Clownerien fernzuhalten - sein Stadthauptmann ist ein gefährlicher Würdenträger. Lade zeigt, dass der Missbrauch von Macht für die Untergebenen schreckliche Folgen hat. Am Ende erschießt der Stadthauptmann sogar willkürlich einen seiner Schicksalsgenossen. Während das Licht erlischt, fällt Schnee aus dem Schnürboden auf die Stadtoberen, die in einer Reihe an der Rampe sitzen. Die Korruption dauert an - es ist kalt, wo Bestechlichkeit und Unrecht herrschen. Nicht nur in Russland. Frank Hoffmanns Inszenierung spielt überall und immer - auch heute und hier.
Wegen dieser Aktualität ist der „Revisor“ - trotz einiger Schwerfälligkeiten - ein gelungener Auftakt für ein vielseitiges, reiches Programm. Die Ruhrfestspiele dauern noch bis zum 16. Juni.