Demonstration gegen Theater-Kahlschlag
Schwerin (dpa) - Von vier Orchestern in Mecklenburg-Vorpommern sollen zwei bleiben, die einzige professionelle Niederdeutsch-Bühne des Landes soll geschlossen werden. Weitere Einsparungen sind zu erwarten.
Gegen diese drastische Schrumpfkur wächst der Widerstand.
Am Freitag demonstrierten in Schwerin rund 250 Bühnenkünstler, Gewerkschafter und Theaterfreunde für den Erhalt der Bühnen und ihrer Angebote im heutigen Umfang. Teilnehmer aus ganz Norddeutschland versammelten sich vor der Staatskanzlei, darunter mehr als 30 Abgesandte von Theatern in Hamburg und Lübeck.
Der Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereinigung, Gerald Mertens, verwies auf die schon vollzogenen drastischen Einsparungen: Von acht Orchestern 1990 seien heute noch vier vorhanden, sagte er. Es sei zynisch, wenn die Landesregierung von den Theatern und Kommunen fordere, jetzt mit Strukturveränderungen zu beginnen.
Hunderte Arbeitsplätze seien an den Theatern seit 1990 abgebaut worden, schilderte der Betriebsratsvorsitzende des Mecklenburgischen Staatstheaters Schwerin, Andreas Fritsch. Jetzt sei man am Ende angekommen.
Dem Staatstheater als größtem Theater des Landes droht aber ein weiterer Abbau: Der Aufsichtsrat hat am Mittwoch unter anderem die Schließung der niederdeutschen Fritz-Reuter-Bühne beschlossen. Es ist die einzige Profi-Plattbühne in dem Bundesland und neben dem Hamburger Ohnsorg-Theater das einzige professionelle Ensemble für diese Sprache bundesweit.
Bildungsminister Mathias Brodkorb (SPD) verteidigte die Sparpläne vor den Demonstranten, die ihn mit Buhrufen und Pfiffen empfingen. Es müssten langfristig finanzierbare Theaterstrukturen in Mecklenburg-Vorpommern geschaffen werden, forderte er auch mit Blick auf die sinkende Einwohnerzahl der Landes. Zusätzliches Geld des Landes sei nicht vorgesehen.
Seit Mitte der 1990er Jahre gibt es konstant 35,8 Millionen Euro jährlich, die Summe soll noch bis 2020 konstant gehalten werden. Er bat die Theater und Kommunen, konstruktiv an der Reform mitzuarbeiten und gab zu bedenken, dass Mecklenburg-Vorpommern pro Kopf der Bevölkerung überdurchschnittlich viel Geld für die Theater ausgebe. Demonstranten quittierten Brodkorbs Rede mit dem Ruf „Kulturbanause!“. Der Opernchor des Schweriner Staatstheaters sang den Gefangenenchor aus Verdis Oper „Nabucco“.
Rund 30 000 Mecklenburger und Vorpommern haben bislang für den Erhalt der sechs Theater und vier Orchester auf dem jetzigen Niveau unterschrieben, wie Mitorganisator Andreas Fritsch am Freitag in Schwerin sagte. Zudem unterstützten mehr als 5000 Besucher von außerhalb das Anliegen. Allerdings dürften diese Unterschriften nicht mitgezählt werden. Bei mindestens 15 000 Unterschriften muss sich der Landtag mit dem Anliegen einer Volksinitiative befassen.