Die stolze Klara und ihre Männer
Theater: Stephan Rottkamp inszeniert am Düsseldorfer Schauspielhaus Hebbels „Maria Magdalena“. Jubel gab es für die Darsteller.
Düsseldorf. "Heirate mich", fleht Klara, "ich lebe nicht lange." Ungeheurlicher als in diesem bürgerlichen Trauerspiel von Friedrich Hebbel kann man sich einen Heiratsantrag nicht vorstellen. "Ich will dir dienen, ich will für dich arbeiten, und zu essen sollst du mir nichts geben..."
Anna Kubin, in der Hauptrolle von "Maria Magdalena", kriecht auf dem Boden, auch Schläge will sie stumm ertragen. Alles verspricht sie dem Mann, von dem sie schwanger ist, und der das Heiratsversprechen zurücknahm, als ihr Bruder des Diebstahls verdächtigt wurde. Dennoch ist diese Klara eine stolze Frau: Liebe schwört sie Leonhard nicht, obwohl es das einzige ist, was er hören will.
Anna Kubins stolz-traurige und kindliche Klara ist der Lichtblick in der Inszenierung von Stefan Rottkamp im Großen Haus. Ihre eindringliche Körpersprache sagt mehr über das dumpfe, kleinbürgerliche Umfeld aus als das Bühnenbild von Robert Schweer, der einen holzverkleideten Raum mit Blümchen und Sinnsprüchen in Kreuzstichen dekorierte: "Wo Glaube da Liebe/Wo Liebe da Friede."
Wenn sich in der Rückwand das breite Kasperletheaterfenster öffnet, singt der Ratinger Jugendchor treudeutsches Liedgut. Von rechts schiebt sich das Büro von Leonhard herein, dem skrupellosen Karrieristen - die Aussicht geht auf den Medienhafen! Lauter aufdringliche Botschaften, die weder das Stück noch das Spiel der Darsteller nötig hätten.
Die Tragik von "Maria Magdalena" hat viel mit den Hahnenkämpfen der Männer zu tun, und mit ihren Ehrbegriffen aus dem 19. Jahrhundert, die bekanntlich auch heute noch existieren. Der brave, arbeitsame Tischler Anton fürchtet nichts so sehr wie die Schande, damit treibt er Klara in ihr Unglück, ohne es zu bemerken, wie Matthias Leja in aller Zurückhaltung deutlich macht.
Seine Frau (Christiane Rossbach, die für Esther Hausmann einsprang) kann dem nichts entgegensetzen; sie ist liebevoll, aber kränkelnd, und dass sie den rebellischen Sohn (Daniel Nerlich) verzärtelt, zeigt nur, wie das Patriarchat sich fortpflanzt.
Wie ein Fremdkörper bewegt sich in diesem Kleinbürgertum der strebsame Leonhard von Michele Cuciuffo: Er ist kein fieser Lump, sondern ein Mann, der des Mitleids fähig ist und dennoch sein Fortkommen über alles stellt. Von ihm kann Klara keine Hilfe erwarten, aber ebenso wenig von ihrem stürmischen Jugendfreund (Milian Zerzawy).
Zwischen all diesen Männern (Wolfram Rupperti komplettiert das Ensemble in der Doppelrolle von Gerichtsdiener und Kaufmann) wird sie aufgerieben, das zeigt die Inszenierung sehr anschaulich. Es hätte solch aufgesetzter Regieeinfälle wie Wiederholungsschleifen von Schlüsselsätzen oder alptraumhafte Prügelszenen nicht bedurft. Starker Applaus, vor allem für Anna Kubin.
Zwei Stunden ohne Pause, Auff.: am Dienstag, 19., 24., 25. Mai, 6., 8. Juni, 19.30Uhr, Karten: Telefon 0211/369911
Inszenierung: Stephan Rottkamp
Ensemble: Anna Kubin, Wolfram Rupperti , Daniel Nerlich, Christiane Rossbach, Milian Zerzawy
Bühne: Düsseldorfer Schauspielhaus