Die vier Himmelsrichtungen, aufgeführt in Salzburg
Roland Schimmelpfennigs Uraufführung wird gefeiert.
Salzburg. Vier Alltagsmenschen treffen sich in einer Provinzstadt. Sie kommen aus Norden, Süden, Osten, Westen und bringen Regen, Schnee, Wind und Gewitter mit. Ist es Zufall, oder vereint sie das Schicksal? Das lässt Roland Schimmelpfennig in seinem neuen Stück „Die vier Himmelsrichtungen“ offen.
Was so harmlos in einer Schotterlandschaft mit dudelndem Kofferradio beginnt, endet für einen schmächtigen Mann jedenfalls tödlich — unerwartet, durch den Faustschlag eines kräftigen Gegenspielers auf die Brust.
Irritation, die in geheimnisvoll beklemmende Spannung umschlägt — das bietet der vielfach preisgekrönte und meist gespielte deutsche Gegenwartsdramatiker auch in diesem Opus. Von Schimmelpfennig selbst inszeniert, wurde es bei der Festspiel-Uraufführung im Salzburger Landestheater begeistert gefeiert.
Wie häufig, so greift der ungemein produktive Autor — allein drei Uraufführungen im vorigen Jahr — auch hier zu Metaphern wie Riesenrad und wuchernde Metastasen sowie antike Mythen wie das schlangenbewehrte Haupt der Medusa.
Und er komponiert das Drama wie ein Musikstück — ein Thema mit Variationen. Sätze wie „Du bist Medusa, ich bin Perseus“, lässt er die Darsteller wiederholen, abwandeln und steigern.
Wer sich auf die anfangs künstlich wirkende Erzählform einlässt und keine Entwicklung von Charakteren erwartet, dem werden in diesem 100-Minuten-Stück groteske und fantastische Einsprengsel des Autors gefallen, zumal sie vier erstklassige Mimen des Deutschen Theaters Berlin über die Rampe bringen.
Ulrich Matthes fasziniert als Clown und Gummitierbastler Perseus, Kathleen Morgeneyer (bis 2009 in Düsseldorf) als lockige Medusa, Almut Zilcher als Wahrsagerin und Andreas Döhler als mordender LKW-Fahrer.
Bis 6. August täglich um 19.30 Uhr in Salzburg, ab 18. Okt. im Deutschen Theater Berlin.