Theaterjahr 2018 Frank Castorf, Rosa von Praunheim und Helmut Berger
Berlin (dpa) - In Berlin haben zwei Intendantenwechsel die Theaterszene durcheinandergewirbelt. Die einstigen Bühnenchefs Frank Castorf und Claus Peymann haben sich unterdessen neue Wirkungsstätten gesucht.
Eine Auswahl der Premieren an deutschen Bühnen von Hamburg über Berlin bis Stuttgart.
BERLINER VOLKSBÜHNE: Frank Castorfs viel geschmähter Nachfolger Chris Dercon hat immer noch keinen leichten Stand. Die Bilanz der ersten Premieren unter der Intendanz des Belgiers fiel durchwachsen aus. Erster Höhepunkt des international ausgerichteten Programms im neuen Jahr ist die Uraufführung von „Liberté“ (Premiere: 22. Februar). Mit der Produktion kehrt der katalanische Filmregisseur Albert Serra zum Theater zurück. Die Besetzung ist überraschend und prominent: Der skandalumwitterte Helmut Berger wird eine der Hauptrollen spielen. Weitere Künstler des ersten Halbjahres sind der Franzose Claude Régy, die Belgierin Anne Teresa De Keersmaeker und die Israelin Yael Bartana. Die wichtigste Frage aber lautet: Wird es Dercon 2018 gelingen, ein eigenes Ensemble für das Theater auf die Beine zu stellen?
BERLINER ENSEMBLE: Nach dem Abgang von Theaterpatriarch Claus Peymann ist sein Nachfolger Oliver Reese mit einer Fülle von überwiegend wohlwollend aufgenommenen Premieren in seine erste Saison gestartet. Als nächstes steht unter anderem die von Reese selbst inszenierte Uraufführung von „Panikherz“ (Premiere: Februar 2018) nach dem Buch von Benjamin von Stuckrad-Barre auf dem Programm. Robert Borgmann bringt „Krieg“ (Premiere: März) von Rainald Goetz auf die Bühne. Der aus dem Kongo stammende Theatermacher Dieudonné Niangouna wird sein neues Werk „Das Phantom“ (Premiere: April) zeigen.
BERLINER SCHAUBÜHNE: Thomas Ostermeiers Schaubühne setzt die Zusammenarbeit mit dem Kabarettisten Rainald Grebe fort. „fontane.200: Einblicke in die Vorbereitungen des Jubiläums des zweihundertsten Geburtstags Theodor Fontanes im Jahr 2019“ (Premiere: 14. Januar) lautet der vielversprechend satirische Titel von Grebes neuem Stück. Ostermeier selbst wird Ödön von Horváths „Italienische Nacht“ (Premiere: 1. März) auf die Bühne bringen. Der von der Volksbühne an die Schaubühne gewechselte Herbert Fritsch zeigt sein neues Werk „Null“ (Premiere: 24. März).
DEUTSCHES THEATER BERLIN: Einen prallen Spielplan mit Werken von Elfriede Jelinek, Christa Wolf, Maxim Gorki, Roland Schimmelpfennig und Rosa von Praunheim gibt es im Hause von Ulrich Khuon. Zu den Höhepunkten zählen zwei Uraufführungen: „Jeder Idiot hat eine Oma, nur ich nicht“ (Premiere: 21. Januar) heißt das Stück, in dem der gerade 75 Jahre alte gewordene von Praunheim versucht, „sein Leben in einen Theaterabend zu stecken“, wie das Theater ankündigt. Mit „Der Tag, als ich nicht ich mehr war“ (Premiere: 12. Januar) kommt in der Regie von Anne Lenk außerdem das neue Werk von Schimmelpfennig auf die Bühne. Darin wird ein im Alltagstrott gefangenes Elternpaar plötzlich mit Doppelgängern konfrontiert. Schimmelpfennig spiele mit „der Tristesse des Alltags, der Erschütterbarkeit von Identitäten und der ganz alltäglichen, schmerzvollen Sehnsucht“, so das Theater.
MÜNCHNER KAMMERSPIELE: Am Haus von Matthias Lilienthal gibt es unter anderem „Hellas München“ (Premiere: März) des griechischen Regie-Duos Anestis Azas und Prodromos Tsinikoris zu sehen. Auf der Bühne: „MünchnerInnen. Aus Griechenland.“, wie das Theater ankündigt. Martin Kusejs MÜNCHNER RESIDENZTHEATER startet unter anderem mit Ibsens „Ein Volksfeind“ (Premiere: 24. Februar) in einer Version der Slowenin Mateja Koleznik, die zuletzt auch zu den Eröffnungsregisseuren am neuen Berliner Ensemble unter Intendant Oliver Reese gehörte. Kusej wird zur Spielzeit 2019/20 ans Wiener Burgtheater wechseln. Sein Nachfolger am „Resi“ ist der derzeitige Baseler Intendant Andreas Beck.
DEUTSCHES SCHAUSPIELHAUS HAMBURG: Ex-Volksbühnen-Intendant Frank Castorf gehört zu den prominenten Regisseuren am Schauspielhaus. Der Regie-Anarcho nimmt sich Eugene O'Neills „Der haarige Affe“ (Premiere: 17. Februar) vor. Es spielen unter anderem Charly Hübner, Marc Hosemann, Lilith Stangenberg und Josef Ostendorf. Das Schauspielhaus kündigte außerdem die Uraufführung von „Übermann oder Die Liebe kommt zu Besuch“ (Premiere: 16. März) an - ein neues Werk des Schweizer Theatermachers Christoph Marthaler nach Alfred Jarry. Die Frauen seien in dem Stück „mehr oder weniger unter sich und tauchen ganz und gar ungestört ein (und ab) in das hochkomödiantische, von surrealen Gravitationsfeldern zusammengehaltene Universum des selbsternannten Pataphysikers Alfred Jarry“, so die Bühne auf ihrer Website.
SCHAUSPIEL STUTTGART: Claus Peymann, bislang Direktor des Berliner Ensembles, inszeniert nun an dem Theater, an dem er in den 70er Jahren selbst Schauspieldirektor war. Auf dem Programm: Shakespeares „König Lear“ (Premiere: 23. Februar). Es ist Peymanns erste Regiearbeit nach seinem nicht ganz freiwilligen Abschied von der hauptstädtischen Bühne. Der beim jüngsten Berliner Theatertreffen gefeierte Regisseur Kay Voges beschäftigt sich in Stuttgart mit der Bibel. „Das 1. Evangelium“ (Premiere: 19. Januar) heißt die Uraufführung frei nach dem Matthäus-Evangelium.