Hamlet-Ausstellung: Star Trek, Saatgut und Angstrolle
Düsseldorf (dpa) - Der Kerl hat fünf Menschen auf dem Gewissen und ist uns dennoch sympathisch. So beschreibt der Düsseldorfer Schauspielintendant Staffan Valdemar Holm die Faszination Hamlet.
Seit mehr als 400 Jahren wird „Hamlet“ von William Shakespeare auf die Bühnen gebracht. Der dänische Prinz hat die ganze Welt erobert. Hamlet durchdringt heute Alltagsleben, Politik, Kultur und Medien wie kaum eine andere literarische Figur.
„Hamlet“ - so heißt inzwischen sogar eine Saatmais-Sorte, die mit dem Spruch „Qualität, die begeistert“ beworben wird. Shakespeares Klassiker mit den zeitlosen Zitaten wie „Sein oder Nichtsein“, „Etwas ist faul im Staate Dänemark“ oder „Die Zeit ist aus den Fugen“ ist sogar ins Klingonische übersetzt worden. Das ist die Sprache der Außerirdischen in den „Star Trek“-Filmen.
Das Düsseldorfer Theatermuseum hat eine Ausstellung zur Rezeptionsgeschichte des Hamlet zusammengestellt. „Tell My Story. Hamlet(s) Theater“ (bis 23. September) wirft nicht nur einen Blick auf die wichtigsten Inszenierungen der vergangenen 100 Jahre, sondern erzählt auf amüsante Weise, wofür Hamlet heute alles herhalten muss.
Museumsleiter Winrich Meiszies würde die Schau gern international ausbauen. „Hamlet ist das einzige Theaterstück mit solch einer weltweiten Rezeption“, sagt Meiszies, der auch Präsident des Weltverbandes der Theatermuseen ist. Die existenziellen Fragen des Menschen nach Vorherbestimmtheit und Identität würden im Hamlet behandelt. Der Eingang Hamlets in die verschiedenen Nationalkulturen sei auch ein Beispiel für die zusammenwachsende Identität Europas.
Der Kosmos Hamlet bietet eine weite Projektionsfläche, besonders für die Werbung. Wie sonst ist es zu erklären, dass Saatmais, Schuhe, Restaurants, Zigarren und sogar Teppichreiniger „Hamlet“ heißen? Unzählige Filme nehmen den Mythos auf. Sogar Arnold Schwarzenegger posierte in „Last Action Hero“ mit einem Schädel - der Muskelmann in der berühmtesten Pose des Rächers Hamlets. Der Bezug auf den stets zweifelnden Königssohn nimmt bisweilen skurrile Züge an. „Hamlet am Herd“ lautet der Titel einer Biografie über den Starkoch Eckart Witzigmann.
In der Politik ist Hamlet allerorts präsent. Die EU dachte einst ganz im Sinne der Aufklärungsversuche Hamlets, wie sein Vater wirklich zu Tode kam, über ein Überwachungs- und Spionageprogramm namens „Hamlet“ nach. Inmitten des Machtkampfes in der CSU wurde Horst Seehofer in der Pose des Hamlet karikiert. Auch Fußballer Zinédine Zidane wurde schon mit Hamlet verglichen.
Mit einer Aufführung in Hamburg setzte 1786 ein „Hamlet-Fieber“ in Deutschland ein. Allein 70 Übersetzungen der Tragödie existieren im Deutschen - von Schlegel über Hauptmann bis Erich Fried. Hamlet ist wegen seiner Komplexität das Paradestück jedes Regisseurs und die Angstrolle jedes Schauspielers. „Es gibt keinen großen Schauspieler, der ihn nicht spielte“, sagt Meiszies.
Natürlich gehört Gustaf Gründgens dazu, der Hamlet mehrmals inszenierte und spielte. Aber auch Bernhard Minetti, Maximilian Schell, Bruno Ganz, Ulrich Mühe und Frauen wie Angela Winkler spielten Hamlet. Nur Klaus Kinski durfte Anfang der 60er Jahre nicht. Er galt als nicht Ensemble-kompatibel und zog aus Protest mit einem eigenen Hamlet-Programm in den Berliner Sportpalast.