Herr Kolpert: Wo Mülltrenner morden

Regisseur Nurkan Erpulat zeigt mit „Herr Kolpert“ ein Kammerspiel über Doppelmoral.

Düsseldorf. Litschi-Limo oder Öko-Fastfood? Das sind die wichtigen Entscheidungen an einem Abend unter Freunden. Ralf und seine Partnerin Sarah stehen auf der richtigen Seite des Lebens: Sie handeln verantwortungsvoll, trennen den Müll, kaufen und essen kontrolliert biologisch. Sie sind ein schönes Paar. Und das in der Stadt, die sie lieben.

Was hat Düsseldorf nicht, was New York hat? „Nichts!“ lautet ihre schwärmerische Antwort beim Anblick der Skyline. Eine Stunde 45 Minuten später werden die an die Hinterwand im Kleinen Haus projizierten Wahrzeichen explodieren und in sich zusammenstürzen. Mit solchen Bildern gibt der bundesweit gefeierte Nurkan Erpulat seinen Einstand als Hausregisseur am Düsseldorfer Theater und beweist seine Lust an der Provokation.

„Herr Kolpert“ heißt das Stück, doch der Sogenannte ist nur Statist (Jens Reinhardt), wie er dem Publikum selbst vorab erklärt. In der mit Tempo inszenierten bösen Komödie, die tief in die Kiste des Boulevardtheaters greift, geht es um zwei Paare, die einen unterhaltsamen Abend miteinander verbringen wollen. Nur so zum Spaß, scheint es, erzählen Ralf (Christoph Schechinger) und Sarah (Stefanie Rösner), dass in der Holztruhe in ihrer stylischen Wohnung ihre erste Leiche liegt: Herr Kolpert.

Daran schließen sich jede Menge absurde Dialoge an. Pizzadienst-Bestellungen, deren „die 42 mit doppelt Thunfisch und die 26 ebenfalls ohne Ei“ einen zum Lachen bringen. Aber auch die bahnbrechende Brutalität, mit der Bastian (Philipp Denzel) die angebliche Affäre seiner Frau Edith (Sesede Terziyan) mit Herrn Kolpert rächen will, die jede Unbeschwertheit erstickt.

Das Timing der Darsteller stimmt. In peinlichen Sprechpausen zeigt sich die Sprachlosigkeit dieser Protagonisten. Das Kammerspiel erinnert in seiner Versuchsanordnung an Yasmina Rezas Erfolgsstück „Der Gott des Gemetzels“. Die offengelegten Abgründe sind allerdings weniger gekonnt subtil. Der Regisseur führt plakativ vor, dass vermeintliche Richtigdenker sich genauso gegen Neonazis, Kinderschänder und „Alkis“ richten wie gegen Araber, Alleinerziehende und Rentner. Es dauert nicht mehr lang, bis dann Blut fließt und Häuser fallen. Zumindest in dieser unterhaltsamen Zuspitzung.