Interview: Männer sind auch nicht glücklicher
Harald Martenstein schreibt über 23 Männer und eine Frau.
Berlin. Harald Martenstein stellt in seinem zweiten Roman "Gefühlte Nähe" 23 Männer und ihre Beziehungen zu ein und derselben Frau - nur "N" genannt - vor.
Der eine verehrt sie aus der Ferne, der andere verlässt sie nach der ersten Nacht, der nächste erst nach Jahren. Mosaiksteinartig entsteht so ein Bild vom Beziehungsleben in den Zeiten, in denen die wenigsten Paare bis zur Goldenen Hochzeit durchhalten.
Martenstein: Vielleicht ist es einfach notwendig, in einer literarischen Geschichte so eine Figur wie N. "bigger than life" sein zu lassen. Aber kein einziges Kapitel beschreibt etwas, das nicht denkbar wäre.
Martenstein: Im Laufe ihres Lebens zerbrechen ihre Illusionen, ihre Ansprüche sinken. Für sie ist das trostlos. Aber die Männer sind auch nicht viel glücklicher.
Martenstein: Es gibt die ein oder andere Episode mit autobiografischem Hintergrund. Es gibt aber auch Geschichten von Freunden. Ich hatte am Anfang ein Sammelsurium von Themen und Typen. Ein eitler Schauspieler sollte dabei sein, aber auch über das "letzte Mal" wollte ich unbedingt schreiben, den letzten Sex, den ein Mann hat.
Martenstein: Nein, ich beschreibe in meinem Roman nur etwas, das in unserer Gesellschaft seit der Sexuellen Revolution immer häufiger vorkommt: die immer neuen Beziehungsversuche, das, was man serielle Monogamie nennt. Viele Paare in dem Buch verfehlen sich. Man denkt, es könnte was werden, aber dann klappt es eben doch nicht.
Martenstein: Die Männer in meinem Buch können nur einen Teil ihrer Energie auf die Beziehung verwenden. Sie stecken in beruflichen Krisen, haben zu kämpfen - genau das interessierte mich. In klassischen Liebesgeschichten ist es immer so, als gäbe es nichts anderes. Aber im Leben ist das nicht so. Da ist man einerseits frisch verliebt, andererseits geht es im Büro drunter und drüber.
Martenstein: Wenn es sexfeindlich erscheint, würde es mir leid tun. Aber Sex ist nicht Thema des Romans. In den Sexszenen spiegeln sich die Probleme, die die Figuren miteinander haben.
Martenstein: Ich weiß nicht, ob das mehr Frauen als Männer lesen werden. Aber das bisherige Feedback von Frauen ist, dass sie es interessant finden zu lesen, was in Männern vor sich geht. Zum Beispiel in Männern, die ihre Frau betrügen und das vor sich selbst rechtfertigen.
Martenstein: Ich hatte schon beim ersten Angstgefühle. Die Arbeit am zweiten ist mir leichter gefallen, auch weil ich beim Schreiben des ersten was gelernt habe. Und mit den Einzelgeschichten war das auch leichter zu machen.