Karin Beier in Hamburg gefeiert
Hamburg (dpa) - Großer Empfang für die neue Hoffnungsträgerin des Hamburger Schauspielhauses: Erstmals seit Unterzeichnung ihres Vertrags als künftige Intendantin von Deutschlands größter Sprechbühne hat sich Karin Beier am Sonntag dem hanseatischen Publikum präsentiert.
Zum Start des Theater-Festivals wurde ihre Inszenierung von Elfriede Jelineks „Das Werk/Im Bus/Ein Sturz“ gezeigt. Im Anschluss an das kraftvolle Stück, an dessen fulminantem Ende die gesamte Bühne mit Wasser überflutet wird, gab es für die 45-Jährige begeisterten Jubel und Applaus.
Natürlich sei das mehr als ein gewöhnliches Gastspiel gewesen, erklärte sie sichtlich gelöst im Anschluss an die Vorstellung. „Das war eher ein Vorglühen.“ Bis zu ihrem Wechsel nach Hamburg in zwei Jahren arbeitet Beier - die „The Guardian“ als die derzeit „begehrteste deutsche Theatermacherin“ bezeichnet - weiter am Schauspiel Köln. Unter ihrer Intendanz ist die Bühne zweimal zum „Theater des Jahres“ gekürt worden. „Das Werk/Im Bus/Ein Sturz“ wurde als „beste Inszenierung“ ausgezeichnet.
Die Katastrophen-Trilogie der österreichischen Nobelpreisträgerin Jelinek erzählt von Leid und Tod beim Bau eines Wasserkraftwerkes in den Kapruner Alpen, vom Unfall eines Münchner Linienbusses, der 1994 in einen sich plötzlich auftuenden Krater rutscht, sowie vom Einsturz des Kölner Stadtarchivs mit zwei Toten. Jelinek stellt unbequeme Fragen nach den Verantwortlichen und nach dem Umgang des Menschen mit der Natur und ihren Ressourcen.
Die grandiosen Darsteller - darunter die TV-Stars Caroline Peters und Manfred Zapatka sowie die „Schauspielerin des Jahres“ Lina Beckmann - geben alles. Und Beier gelingt es, die enormen Textmassen so tänzerisch leicht und musikalisch zu arrangieren, dass das gewaltige Werk für den Zuschauer verdaulich wird. Und so ernst und gewichtig die Themen sind, die Regisseurin findet immer wieder den wunderbar bösen Witz in der ironischen Übertreibung.
Kein Wunder, dass die erste weibliche Intendantin des Schauspielhauses in Hamburg sehnsüchtig erwartet wird. „Ich freue mich wahnsinnig auf Sie“, sagte Kultursenatorin Barbara Kisseler am Sonntag. Der heutige Abend biete einen Ausblick, auf welche kraftvollen Inszenierungen auf dieser Bühne wir gespannt sein dürfen.
Nach schwierigen Zeiten stehen in dem Traditionshaus die Zeichen also auf Neuanfang. Noch vor einem Jahr hatte Intendant Friedrich Schirmer wegen „gravierender Unterfinanzierung“ das Handtuch geworfen und der damalige schwarz-grüne Senat mit weiteren radikalen Sparmaßnahmen gedroht. Es folgten massiven Proteste, Künstler gingen auf die Barrikaden. Inzwischen sind die Zuschauerzahlen unter Interimsintendant Jack Kurfess so gut wie lange nicht, statt Kürzungen gibt es in zwei Jahren sogar zusätzlich Geld. Auch ein Verdienst Beiers, die als Voraussetzung für ihren Wechsel einen höheren Etat durchgesetzt hatte.
Die gebürtige Kölnerin lebt fürs Theater. Anfang der 90er Jahre wurde sie zur besten Nachwuchsregisseurin gekürt. Sie führte Regie an den Bühnen in Hannover, Bonn, Zürich, Wien, und auch am Hamburger Schauspielhaus war sie bereits tätig. Welche Pläne sie für ihre Rückkehr in die Hansestadt hat, wollte sie noch nicht verraten. Nur soviel: Die Arbeit dort sei für sie etwas ganz Besonderes: „Das Schauspielhaus ist eines der schönsten Theater Europas und hat jede Menge Sex-Appeal.“