Rainald Grebe und 300 Birken in „Westberlin“

Berlin (dpa) - „Wir verbringen jetzt die nächsten 28 Jahre miteinander.“ Als diese Ankündigung in Rainald Grebes Inszenierung „Westberlin“ an der Berliner Schaubühne fällt, sind die ersten 12 Jahre schon rum.

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Da nur zweieinhalb Stunden Zeit ist, muss es schnell weitergehen. Der Sprung des Grenzpolizisten Conrad Schumann über den Stacheldraht, die erste Berlinale, der Tod von Benno Ohnesorg, Christiane F. „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“, „Ich bin ein Berliner“, „Mr. Gorbachev, tear down this wall“.

Unterbrochen wird die Geschichtsstunde von den persönlichen Erinnerungen sieben „echter Westberliner“. Der Imbissbuden-Besitzer Eckert hält einen Currywurst-Monolog, ein ehemaliger Sängerknabe erzählt vom Stimmbruch und seiner Zeit in der Berliner Schwulenszene, die 84-jährige Evelyn erinnert sich an die Rosinenbomber, die ihr nicht nur Corned Beef, sondern - wichtig - auch Zigaretten brachten. Nicht jeder hat seinen Text perfekt drauf. Aber das macht nichts. Es geht um die Geschichten, die sie zu erzählen haben.

Und Grebe selbst? Der will zwischendurch auch mal erzählen, sich an die „wilden Zeiten“ im Osten direkt nach dem Mauerfall erinnern. Er schwärmt von besetzten Häusern und stickigen Keller-Bars, in denen offene Feuer brannten. Es ist einer von zwei typischen Grebe-Auftritten - lustig und auf den Punkt. Außerdem geht es so doch nicht nur um den Westen der Stadt. Die Uraufführung findet nicht umsonst am Vorabend des 25. Jahrestags der Deutschen Einheit statt.

Übrigens fanden auf der Schaubühne in den 70ern schon die Besatzungsmächte Russland und Großbritannien zusammen. Etwas, woran sich nach Grebes Recherchen alle Westberliner erinnern. Genauer gesagt, erinnern sie sich an den Geruch von 300 frisch gefällten Grunewald-Birken in einer Inszenierung von Maxim Gorkis „Sommergäste“ - und das waren dann schließlich „britische Militärbirken in einem russischen Stück in Westberlin“.