Tanzaufführung in Bonn: Zum Abschied lässt Kresnik es richtig krachen

Einer wie er geht nicht einfach so. Der „Ring“ total vertanzt als Gedärm-Gemetzel.

<strong>Bonn. Siegfrieds Ziehvater Mime kriecht aus dem Untergrund. Er legt seine Militärjacke ab, um sich am Bühnenrand zu übergeben. Der "Ring des Nibelungen" liefert kein Motiv für diese Eingangsszene und sieht aus wie ein Kommentar Johann Kresniks zur tanzpolitischen Entwicklung in Bonn. "Ring II - Siegfried/Götterdämmerung" ist sein letzter Streich am Rhein, nachdem der Stadtrat den Vertrag nicht verlängert und gleich die ganze Sparte abgeschafft hat. Für die kommende Spielzeit hat die Oper Bonn sich mit Gastspielen versorgt, die Idee eines Köln-Bonner Ensembles schwebt konturenlos im Raum. Ein Johann Kresnik geht nicht einfach so. Zum Abschied lässt er es richtig krachen. "Ring II" inszeniert er als Spektakel der Zerstörungswut, als Ekel-Schocker. Ein echter Kresnik halt, über den man schmunzeln könnte. Wäre da nicht der Unmut über die so offensichtliche Lieblosigkeit, mit der der 68-Jährige ans Werk ging. War "Ring I" im Dezember 2006 noch inspiriert von der Idee, Richard Wagners Tetralogie mit dessen Biografie zu verbinden, bleibt Kresnik im zweiten Teil in hohler Selbstgefälligkeit stecken. Zwei Pianisten hämmern dazu atmosphärische Klänge (Gernot Schedlberger). Der drastische Formulierer suhlt sich einfallslos in seiner Lust am Unästhetischen.

Siegfried und Brünnhilde als todgeweihte Gruftis

Das mythische Weltgedicht benutzt er nur, um seine antikapitalistische Weltanschauung in zahllosen Selbstzitaten herauszuposaunen. Richard Wagner ist kaum mehr als Statist. Der ideologische Missbrauch seines Werkes durch die Nazis liefert den willkommenen Anlass, einmal mehr Karikaturen von Nazi-Einheiten aufmarschieren zu lassen.

Siegfried und Brünnhilde, todgeweiht, kommten als Gruftis mit weiß geschminktem Antlitz daher. Der Held in Leder mit treuem Blick, schuldig doch allein durch Unwissenheit, dient Kresnik buchstäblich als Projektionsfläche: Diktatorische Herrscher, islamistische Selbstmordattentäter oder schießwütige Amokläufer in Schulen - alle bannt er auf Siegfrieds Körper. Das Böse steckt in ihnen allen, da muss man wohl nicht weiter differenzieren.

Der Ring-Zyklus - ein Gemetzel. Der Riese Fafner wird bestialisch ermordet und ausgeweidet, seine Gedärme fliegen durch die Luft. Hagen, ein Schwarzer, beißt Siegfried zu Tode, dass das Blut sprudelt. Aus dem Ring, ein goldner Lkw-Reifen, werfen fanatische Wagnerianer mit Schlamm, dass es bis ins Publikum spritzt.