Theater an der Kö: Premiere - "Das andalusische Mirakel" Ein Spießer glänzt als Zicke

„Das andalusische Mirakel“ sorgt für einen wundersamen Rollentausch: Im Theater an der Kö wird Jochen Busse zur Frau.

Düsseldorf. Jochen Busse steckt im falschen Körper. Richtig: Diese Ahnung beschleicht ihn zum Glück nur auf der Bühne. Denn genau da, im Düsseldorfer Theater an der Kö, hat er als Toilettendeckel-Hersteller nur Pech.

Hubertus Heppelmann (Jochen Busse) will die Scheidung. Doch was bekommt er stattdessen? Schmerzen an der Bandscheibe, die dem stocksteifen Spießbürger bald zu Kopf steigen, weil sich der durchreisende Grantler ein heruntergekommenes Zimmer in einem überbuchten Dorfhotel teilen muss.

Man sollte sich also nicht wundern, wenn einem "Das andalusische Mirakel" buchstäblich spanisch vorkommt: Der 60-jährige Heppelmann und die 21-jährige Nelli (Kerstin Radt) prallen im wahrsten Wortsinn aufeinander. Kaum haben sich die Zimmergenossen in Rage geredet und umgelaufen, liegen sie auch schon benommen am Boden und haben die Körper getauscht.

Nur gut, dass Horst Johanning die groteske Farce von Lars Albaum und Dietmar Jacobs mit einer perfekten Besetzung auf die Kö-Bühne bringt. Vor allem Jochen Busse fällt in bestem Sinne aus der Rolle und animiert das begeisterte Premierenpublikum zum Mitfiebern, Mitsingen, Mitklatschen.

Applaus hat als allererstes der bitterschöne Kontrast verdient: Während die lebenslustige Nelli von der Zukunft mit einem Surflehrer schwärmt, verdrängt der frustrierte Heppelmann seine Silberhochzeit. Die Pointen treffen pfeilschnell ins Mark, auch wenn der Inhalt relativ bedeutungslos und die Grenze zum Klamauk gefährlich nahe ist. Busse umschifft sie zielsicher, schwingt, hüpft und tanzt sich zur Höchstform auf.

Der TV-Star ("Das Amt") ist Manns genug, das Weib im falschen Körper auszuleben, sich die Haare görenhaft zu gelen und mit stolz geschwellter Brust den Pulli mit der Aufschrift "Zicke" zu tragen - allein die Sandalen mit den weißen Socken verraten weiterhin den Spießer im Mann.

Die Klischees über Mann und Frau mögen nicht jedermanns Geschmack sein. Viel Zeit zum Grübeln bleibt allerdings nicht, denn das amüsierte Publikum darf lautstark "Olé" rufen und Kastagnetten schwingen. "Frauen leben vom Erinnern, Männer vom Vergessen", grantelt Heppelmann. Stimmt nicht: Man muss keine Frau sein, um sich an diesen Abend gerne zu erinnern.

Körpertausch: In einem andalusischen Dorf muss er sich mit der jungen Nelli ein Hotelzimmer teilen. Dabei passiert ein Wunder: Nelli steckt nun in Heppelmanns Körper und Heppelmann in Nellis.