Oper: Eine abwaschbare Tragödie ohne Dämonie

Michael Simon inszeniert Charles Gounods „Faust“ in der Rhein-Oper-Mobil.

<strong>Düsseldorf. Eine perlweiß schimmernde Wand, die wirkt, als sei sie von Teflon überzogen, und ein dazugehöriger Vorsprung, der als bankbreite Sitz-, Liege- und Spazierfläche dient, ist Hauptelement der Bühne. In der Inszenierung von Regisseur und Bühnenbildner Michael Simon hatte die Gounod-Oper "Faust" in der Rhein-Oper-Mobil (Rom) Premiere. Das Objekt ist zugleich Horizont, Kletterwand und Podest sowie Projektionsfläche für die von Ariane Andereggen vorproduzierte Videoinstallation. Dort tummeln sich die Figuren in heutiger Freizeitgarderobe und formieren sich zum Liebesdrama mit tragischem Ausgang. Dass den Betrachter das Schicksal von Faust und Marguerite nicht so recht berührt, mag an der Sterilität des Bühnenbilds liegen, an dem alles abperlt wie von einem abwaschbaren Badewannenrand. Nun steckt in Gounods Oper ohnehin nicht die Dämonie des Volksbuches, auch Goethes aufklärerisches Schauspiel spielt eine untergeordnete Rolle. Im Zentrum steht die vom Teufel zugleich ermöglichte und vernichtete Liebesbeziehung. Bei Michael Simon wird diese philosophisch reduzierte Adaption noch eine Spur seichter. Denn aus Faust wird ein Hanswurst im silbergrauen Anzug und Feinrippunterhemd, und Gretchen/Marguerite mutiert zum feschen Girl auf Stöckelschuhen, das vom Leben in unschuldiger Naivität so weit entfernt scheint wie Paris Hilton vom Mädchenpensionat.

Méphistophélès ist bei Simon ein flüchtiger Bekannter in schwarzer Kleidung und mit schlechtem Einfluss. Dass er dabei noch über Zauberkräfte verfügt, macht ihn noch nicht zum Teufel, allenfalls zu einem böse gewordenen David Copperfield. Die an die Wand geworfenen Videos versuchen nun zu ersetzen, was die Personenregie nicht bietet: die Vermittlung von Emotionen. Jedoch bewegen sich die Aufnahmen auf der Ausdrucksebene eines Martini-Werbespotts.

Die Aufführung besitzt jedoch große musikalische Reize: Nataliya Kovalova (Marguerite) begeistert mit ausdrucksvollem Gesang und einer wundervoll weichen Kantilene. Mit lyrischer Expressivität gestaltet Steven Harrison die Titelpartie. Allerdings machte sich bei hohen Tönen eine leichte Indisposition bemerkbar.

Sami Luttinen gelingt es kraft seiner Persönlichkeit, und Simons unvorteilhafter Regie zum Trotz, dem Méphistophélès einen Hauch von Dämonie zu verleihen. Ein stimmliches Highlight ist Dmitri Vargin als Gretchens Bruder Valentin. Die Düsseldorfer Symphoniker musizieren unter Leitung von Alexander Joel mit Sinn für die musikalische Eleganz und Farbigkeit der Partitur.

Drei Std., eine Pause, Auff.: 3., 6., 8., 11., 14., 17., 24., 27., 30. März, jeweils 19.30 Uhr. Karten unter Tel. 0211/89 25-211