Schauspiel: Dürrenmatt - mitten ins käufliche Herz

Volker Lösch inszeniert „Der Besucher der alten Dame“ nach Dürrenmatt in Düsseldorf als bissig-bittere Satire.

Düsseldorf. Die längste Theke der Welt steht nicht in Düsseldorf, sondern seit Freitagabend in Güllen. "Ja, steh ich im Wald hier, wo bleibt unsere Altbier", lassen die Schauspieler den ganzen Saal anstimmen. "Wer nicht mitsingt, kann gleich gehen", droht der forsche Bürgermeister auf der Bühne. Und natürlich fügen sich die Düsseldorfer in ihrem Schauspielhaus und gibbeln vergnügt über die Parallelen zwischen Güllen und ihrem Dorf an der Düssel, die mehr als deutlich sind.

Volker Lösch hat Friedrich Dürrenmatts "tragische Komödie" aus den 50er Jahren auf Düsseldorf und die heutige Zeit gemünzt. Güllen ist hier eine Welt- und Modestadt, mit einem Bürgermeister, den Allmachtsfantasien umtreiben. Natürlich sind da Parallelen zu Düsseldorf beabsichtigt, aber wenn es hier nur um die eine Stadt ginge, würde "Der Besuch der alten Dame" schnell zur Provinzposse. So weit lässt es Volker Lösch nicht kommen.

Denn schon die Grundvoraussetzung stimmt nicht: Güllen ist - im Gegensatz zu Düsseldorf - hochverschuldet. Nur so kann das unmoralische Angebot der zurück gekehrten Millionärin Claire Zachanassian (Susanne Tremper wie Milva mit langer roter Haarpracht) in der Stadt fruchten: Sie will sich Gerechtigkeit kaufen und bietet eine Milliarde Euro für denjenigen, der ihren früheren Geliebten Alfred Ill (Rainer Galke) umbringt.

Dem Regisseur, der zuletzt mit seiner "Weber"-Adaption in Dresden für Schlagzeilen sorgte, ist in Düsseldorf eine zeitgemäße Umsetzung gelungen: erschreckend entlarvend und höchst unterhaltsam.

2 ½ Stunden, eine Pause, Auff.: 24., 25. Februar und im März, Karten: 0211/36 99 11.

Handlung: Die Milliardärin Claire Zachanassian kehrt zurück in ihre Heimatstadt Güllen und fordert Gerechtigkeit. Sie bietet der hoch verschuldeten Stadt eine Milliarde Euro, wenn jemand ihren ehemaligen Geliebten Alfred Ill tötet. Der hatte sie damals, als sie arm und von ihm schwanger war, sitzen lassen. Trotz anfänglicher moralischer Bedenken rechtfertigen die Bürger den Mord letztlich als Opfer für das Gemeinwohl. Uraufführung war am 29. Januar 1956 in Zürich.