Rhythmus Boys im Savoy Theater Düsseldorf: Swingende Stars in der Manege
Ulrich Tukur geht mit den Rhythmus Boys wieder auf Tournee. Sein neues Programm dreht sich um den Zirkus.
Düsseldorf. Seinen ganz persönlichen "Salto Mortale" hat Ulrich Tukur vor anderthalb Jahren nur dank Arzt und zweimonatiger Auszeit überlebt - der Tanz auf zu vielen Bühnen hatte den Schauspieler-Sänger-Entertainer seinerzeit niedergestreckt. Dass der Künstler da seinem neuen musikalischen Programm nun diesen Titel verpasst hat, klingt schon fast nach Selbst-Ironie - und ist doch eher Ironie des Schicksals: Denn es war eben dieses Programm, mit dem der Hamburger Jung’ schwäbischen Ursprungs damals auf Tour gehen wollte.
Inzwischen hat der 49-Jährige längst wieder festen Boden unter den Füßen, und so sucht der ewig Ruhelose nun erneut den Sprung in die Zirkuskuppel: Das "unstete, haltlose Leben der Artisten, permanent vom Absturz bedroht" wollen er und seine drei Rhythmus Boys in ihren Liedern und kleinen Szenen beleuchten. Diesen einen kurzen Moment am Abend, auf den der Artist Tag für Tag hin lebt, diesen Augenblick im Rampenlicht, wenn der Applaus aufbrandet. "Dann erlöschen die Scheinwerfer, die Show ist aus - und was passiert danach?" fragt Tukur.
Und es scheint weniger eine rhetorische Frage, als ein Blick auf sein eigenes Schauspieler-Leben: Denn auch dort kennt er diesen Moment des Jubels nach einer "Hamlet"- oder "Peer Gynt"-Premiere nur zu gut - wie auch das schwarze Loch danach. "Diese künstliche Gefahr, in die man sich Abend für Abend begibt": Das sei wie eine Sucht, gesteht er, eine "Todesangst wie beim Klettern in der Eiger-Nordwand oder eben beim Salto mortale" - und doch könnte er ohne sie nicht leben.
Und weil Tukur diesen Zwiespalt so gut nachempfinden kann, hat er sich für dieses Zirkus-Programm denn auch vor allem alte (Swing-)Schlager und italienische Lieder ausgesucht, aus denen Zauber und Elend der am Abgrund jonglierenden Vaganten weht. Und auch in seinen eigenen Songs stimmt er eher einen melancholischen Abgesang auf die veraltete Kunst vergangener Manegen-Tage an. "Das war immer auch eine unglaubliche Armseligkeit und Abgerissenheit, die dort herrschte", erinnert sich Tukur an die Wander-Artisten seiner Jugend, die damals "auf dem Sportplatz des Dorfes ihr Zelt aufschlugen - stets im Ungewissen, ob die nächste Vorstellung noch stattfinden kann".
Und so dreht sich auch in seinem "Endzeit-Zirkus" vieles um das Leben und die Gefühle jenseits des Scheinwerferlichts. Was indes nicht heißt, dass der Spaß zu kurz käme in dieser "Freakshow mit vier Charakteren als Panoptikumstruppe": Dafür werden der Tasten-Dompteur und seine Drei-Mann-Band schon in kleinen Szenen als Clowns oder Bauchredner sorgen. "Natürlich gibt es auch viele unterhaltsame und blödelnde Nummern - schließlich ist der Zirkus doch ein Sinnbild des Lebens, oder?"
Theater: Schauspielausbildung in Stuttgart. 1983 trat er sein erstes Theaterengagement in Heidelberg an. 1984 kam der Durchbruch unter Peter Zadek an der Freien Volksbühne in Berlin, mit dem er 1985 ans Hamburger Schauspielhaus wechselte.
Intendant: Von 1995 bis 2003 leitete er mit Ulrich Waller die Hamburger Kammerspiele.
Film: Parallel zum Theater wirkt Tukur immer wieder bei großen Spielfilmen mit (zuletzt in "Das Leben der Anderen") und geht mit seinen Rhythmus Boys auf Konzerttourneen.