Weltstars als Verkaufsschlager
Auf der Kölner Kunstmesse dominieren hohe Preise und die Hoffnung auf das Abziehen der Wolke.
Köln. In der Doppelhalle 11 der Kölnmesse kämpfen die Galerien vor allem gegen die Vulkanwolken. Am Dienstagnachmittag trafen die letzten der 202 Galeristen ein. Was aber wird mit dem Publikum? Der Galerist Hans Strelow blickte skeptisch auf seine glänzenden Farbplatten von Imi Koebel und stöhnte: "Meine Kunden fliegen morgens ein und abends wieder zurück. Hoffentlich öffnet sich rechtzeitig der Himmel über Köln."
Der Künstler Paul Schwer gestaltete die Situation dreidimensional. Er baute weiße Papp-Kuben und jagte Lichtröhren hindurch. Sein Kommentar: "Die Messe steht auf der Kippe, der Lichteinschlag wirkt wie von Grünewald. Hinten kracht es rein, vorn hält es gerade noch."
Es wäre schade, wenn die Käufer fern blieben, denn die Verkaufsschau klassischer und aktueller Kunst aus 23 Ländern ist von solider Qualität. Um es in Preisen auszudrücken: Wer nur Münzen mitbringt, kann für 80 Cent eine Postkarte in der Edition Staeck erwerben. Für den Betuchten schlagen wir Edvard Munchs "Sitzende junge Frau" von 1916 vor.
Dieses kostbare Gemälde, für 9,5 Millionen Euro das teuerste Angebot der Kunstmesse, wird über die Galerie Thomas aus München feilgeboten. Es gehörte bis 1937 dem Frankfurter Städel, wurde von den Nazis als "entartet" abgestoßen, gelangte in den Kunsthandel nach Oslo und in die Privatsammlung Thomas Olsen, von wo es jetzt nach Deutschland zurückkehrt.
Einige mächtige Galerien, die in der Vergangenheit Köln den Rücken gekehrt haben, melden sich zurück. Dazu gehört Eigen + Art, die Galerie von Neo Rauch aus Leipzig und Berlin. Der 50-jährige Malerstar aus dem Osten ließ seine jüngste Arbeit taufrisch aus dem Atelier abtransportieren. Sie strahlt in den schrillen Farben Violett und Grün und zeigt jede Menge Zitate aus früheren Werken. Wer Platz für das 12,6 Quadratmeter große Werk hat, muss zugleich 600.000 Euro parat haben.
Die Messe ehrt zwei Zero-Künstler. Bei Wahlandt aus Stuttgart und Schwarzer aus Düsseldorf wird Günther Uecker zum 80.Geburtstag präsentiert, mit riesigen Regentropfen auf Papier oder Leinwand bei Wahlandt (12.000 und 150.000 Euro) und mit einem gemalten und benagelten Selbstporträt von 1967 für 450.000 Euro bei Schwarzer. Vor der Koje von Beck und Eggeling stand am Dienstag der Künstler Heinz Mack und erklärte nicht ohne Stolz, wie er in den 60er Jahren seine Lichtreliefs als "reine Handarbeit" hergestellt habe. "Jeden Buckel habe ich mit der Hand geprägt." Jetzt kosten derlei Werke jeweils 240.000 Euro.
Unter den jüngeren Künstlern fällt Grit Hachmeister mit Fotos von Berliner Kellerkindern bei Fibach und Minninger auf (1100 Euro) auf. Jan Maier zeigt bei Anna Klinkhammer eine duftig-zarte Parklandschaft (8.000 Euro). Der Galerist Rupert Pfab vertraut auf Vera Lossaus Spezialgipswand mit falschen Blättern (6.500 Euro pro Kachel).
Die Art Cologne ist eine Messe, die eher Ruhe und Harmonie ausstrahlt. Riskante Experimente und Überraschungen scheinen in einer wirtschaftlich labilen Zeit nicht gefragt zu sein.