Ausstellung Kunstpalast eröffnet eine großartige „Grosse“
Düsseldorf · 121 Künstler laden in den Ehrenhof zu einer brillanten Schau, die von den Künstlern selbst organisiert ist.
Um 18 Uhr geht es am Samstag los mit der „Grossen“, wie die Große Kunstausstellung NRW Düsseldorf neuerdings heißt. Menschenmassen werden erwartet, denn die Verkaufsausstellung ist beliebt. Sie hat im Kunstpalast an Format gewonnen. Sie besitzt vor allem in der Malerei einen unerwartet poetischen Klang, der von einem Künstler zum nächsten weitergereicht wird. Ob diese Qualitätssteigerung dem Museumschef Felix Krämer zu verdanken ist, der erstmals in der Jury saß, sei dahingestellt. Auf alle Fälle wurden strengere Maßstäbe an die Teilnahme gestellt, so dass bei 799 Bewerbern nur 121 Künstler auserwählt wurden. Dadurch hat diese Schau der Künstler unter ihrem engagierten Vorsitzenden Michael Kortländer an Übersichtlichkeit gewonnen.Preisträger
Becker entdeckt die
Motive im Zollkriminalamt
Wie sehr sie auch von renommierten Künstlern geschätzt wird, wurde kurz vor der Eröffnung deutlich: Benjamin Katz, der große Fotodokumentarist mit dem humorvollen Blick auf die rheinische Kunstszene, kam von Köln schnell noch einmal angereist, um sein Interieur aus dem Museum Gustave Moreau mit der herrlichen Wendeltreppe zwischen übereinander hängenden Bildern auszutauschen. Die jetzige Fassung habe mehr „Tiefe“ und sei im Ausschnitt etwas vergrößert, erklärte er.
Die Fotoabteilung präsentiert mit Boris Becker aus der ehemaligen Becher-Klasse den Preisträger der Künstler (5000 Euro). Becker liebt die Irritation. Er begrüßt mit einem grell-bunten Abbild einer Insel im Ozean. Das Original fand er im Zollkriminalamt, wo man die Ölfarbe unter die Lupe nahm und jede Menge Kokain entdeckte. Die Droge lässt sich in Farbe binden, aber auch anschließend zurückgewinnen. Der auf „Fakes“ erpichte Becker stieß auch auf einen zerlegten, mit Marihuana vollgestopften Plastikstuhl, dem er einen knallgelben Hintergrund verpasste. Ein Hingucker ist aber auch das Farbfoto einer stillgelegten S-Bahnbrücke in Berlin die an eine Kulissenkonstruktion erinnert. Der Blick fällt durch die Stahlkonstruktion, von Ost nach West, ins gelobte Land gleichsam. Die blühenden Wälder entpuppen sich allerdings als ein spärliches Buschwerk.
Ebenfalls preiswürdig, aber noch immer zu entdecken ist der ehemalige Ruff-Schüler Thomas Neumann. Er fährt aus familiären Gründen regelmäßig nach Japan, wo er Galerien und Museumsausstellungen hat. Seine Serie „Mori“ entstand zwischen zwei Bergabhängen im Lande Nippon. Die Äste wachsen auf den Schwarzweißbildern aus den jeweiligen Hängen einander entgegen, so dass das Foto keine perspektivische Tiefe hat. Der Betrachter glaubt an ein Sandwich-Bild, was nicht stimmt. Die Aufnahme zeigt eine reale Situation, aber grafisch brillant in den Tonwerten und fein in den Strukturen der Äste. Die Beispiele sind absolute Meisterwerke der Fotografie.
Herausragend sind aber auch die Porträts von Anja Bohnhof aus einer Mittelschule in Indien in einem unnachahmlichen Licht. Dass der Musiker Hardy Döhrn mit einer analogen Kamera und viel Fotoemulsion derart luzide Schwarzweiß-Aufnahmen erzeugt, war bislang unbekannt.
Dejan Saric und Bojan Vuletic bespielen eine ganze Koje. Der Maler und Bildhauer Saric hat Fotos seiner streng komponierten Gemälde auf Aluminium geklebt und lässt sie mithilfe eines Elektromotors um eine Achse kreisen, so dass sie in der Bewegung eine leichte Unschärfe erhalten. Der Komponist Vuletic hat sechs Musikstücke für sechs Lautsprecher geschaffen und spielt sie nun parallel zueinander ab. Da sie zwischen den bewegten Fotobildern hängen, werden sie in die Rotation mitgenommen, wodurch eine gewisse musikalische Unklarheit entsteht. Je nachdem, wie nahe der Besucher sich der Installation nähert, ändert sich die Lautstärke der Musik.
Beim Gang durch die Ausstellung gewinnt der Besucher den Eindruck, als liege ein feiner Rhythmus über dem Ganzen. Das ist in der Malerei-Abteilung umso ungewöhnlicher, als die Schau verschiedene Handschriften unter einen Hut bringen muss. Den Auftakt macht im ersten von drei Sälen der ehemalige Anzinger-Schüler Nico Mares, dessen Pastorale mit dem Titel „Ost und West“ sehr frei, lichthaltig und dünnflüssig gemalt, geschüttet und übermalt ist, wobei die Farbklänge wunderbar abgestimmt sind. Inzwischen nach Berlin abgewandert ist sein gleichfalls hochtalentierter Kommilitone Martin Schepers. Edgar A. Eubel braucht nur ein „Maltuch“, auf dem er wischt, schmiert und mit Farbstift zeichnet. Dass daraus ein Kunstwerk entsteht, ist erstaunlich.
Jutta Haeckel schiebt die Strukturpaste teils von hinten durch die grobe Jute, während sie vorn mit Acryl arbeitet. Frisch und zupackend im Pinselstrich ist die Landschaftsmalerei von Salomé Berger, die bei Cornelius Völker in Münster studiert.