Caroline Link: „Der Oscar stresst mich nicht“
Regisseurin Caroline Link über ihren neuen Film „Im Winter ein Jahr“, der morgen startet.
Köln. Bescheidenheit - das ist die bestechendste Eigenschaft von Caroline Link. Ihr Film "Jenseits der Stille" wurde 1998 für einen Oscar für den besten ausländischen Film nominiert. Die Geschichte eines gehörlosen Elternpaars und seiner musisch begabten Tochter machte die Münchnerin dann auf einen Schlag bekannt. Die zweite Sensation folgte 2003, als sie für die Romanverfilmung "Nirgendwo in Afrika" den Oscar gewann. Morgen kommt ein neues Werk der 44-Jährigen in die Kinos, "Im Winter ein Jahr". Das Ensemble von Corinna Harfouch, Josef Bierbichler, Karoline Herfurth und Hanns Zischler spielt eine Familie, die durch den Freitod des jungen Sohnes traumatisiert ist.
Frau Link, sieben Jahre sind nun seit "Nirgendwo in Afrika" vergangen...
Link: (lacht) Manche sagen sieben Jahre, manche fünf. Kommt darauf an, ab wo man zählt, ab dem letzten Drehtag oder dem Oscar.
Link: Ach, darüber rege ich mich nicht auf. Ist ja schön, wenn da "gelungen" steht! Ich war ja schon bei der Postproduktion von "Afrika" schwanger. Da wollte ich sowieso erst mal nichts machen und nach der Geburt, die im Juli 2002 war, zwei Jahre pausieren. Ich habe mich darüber gefreut, dass ich endlich schwanger war. Dann kam dieser Oscar...
Link: Und ab dann kam für mich dieser Stress. Denn ab dem Moment denkt man: "Da musst Du doch jetzt etwas draus machen, sei doch nicht blöd! Du kannst doch nicht nur auf dem Spielplatz in Haidhausen sitzen und hast einen Oscar zuhause - was ist das denn?" Aber ich habe anscheinend nicht so viel Energie wie andere Kollegen, die mit Baby unterm Arm los ziehen und arbeiten. Als bei mir dann der Wunsch aufkam, etwas zu machen, bot sich "Painted Veil" an. Aus dem Projekt wurde aber nichts, wegen der unglückseligen Situation, dass erst zwei große Schauspielerinnen die Hauptrolle spielen wollten, dann aber keine den Vertrag unterschrieben hat.
Link: Genau. Danach fing ich mit den Vorbereitungen für die Romanverfilmung von "Aftermath" in Amerika an, aus dem letztendlich "Im Winter ein Jahr" wurde.
Link: Das US-Projekt scheiterte daran, dass wir uns auf keinen Schauspieler einigen konnten, dessen großer Name die Finanzierung des Films gesichert hätte. Diejenigen, die die Geldgeber zufrieden gestellt hätten, wollten oder konnten nicht. Und diejenigen, die ich gern gehabt hätte, haben den Geldgebern nicht gereicht. Und das hat alles so lang gedauert, dass ich irgendwann sagte: "So, jetzt reicht’s. Jetzt will ich ihn drehen - und zwar in Deutschland."
Link: Für "Painted Veil" hatte ich mich mit beiden Schauspielerinnen getroffen und gerade mit Nicole Kidman ein sehr intensives, schönes Gespräch geführt. Beim Abschied sagte sie mir: "I really want to make this movie with you". Dann glaubt man doch daran, wenn jemand so etwas sagt! Aber dann hat sie den Vertrag doch nicht unterschrieben. Das alles war sehr kompliziert. Naomi Watts wusste, dass ich eigentlich Nicole Kidman wollte und daraufhin wollte sie dann nicht mehr. Ach ja. Meine Erkenntnis ist: jetzt weiß ich, dass mich so was wahnsinnig nervt! (lacht)
Link: Das Thema Familie interessiert mich immer sehr, vielleicht auch aus dem Versuch heraus, zu verstehen, wo ich selbst her komme. Auch Lilli, die Hauptfigur aus "Im Winter ein Jahr", steht mir sehr nahe: auf der einen Seite ist sie so taff, auf der anderen so verwundbar - das hat auch viel mit mir zu tun.
Link: Ich freue mich ja sehr über den Oscar - aber ich bewerte ihn nicht über. Der stresst mich nicht, der Kamerad. Der steht da und wird in unserem Haushalt sehr profan behandelt. Erst neulich hat Pauline eine Wäscheleine für ihre Puppenkleider an ihm aufgehängt. Der ist nicht heilig!