Der fünfte Potter: Polizeistaat statt Zauberschule

Der fünfte Potter-Film ist eine geschickt inszenierte Parabel auf die Folgen blinder Machtspiele.

Düsseldorf. Das Böse, und das hat man ja eigentlich schon immer vermutet, lauert nicht in vermoderten Gängen oder dunklen Wäldern. Das Böse trägt Angora-Jäckchen, adrette Fönfrisuren und trinkt Tee mit drei Stück Zucker. Unliebsame Zeitgenossen werden mit sachtem Nachdruck zum Schweigen gebracht. Und wer nicht spurt, wird gefoltert.

Nicht etwa mit Daumenschrauben oder ähnlichem Kokolores. Dolores Umbridge (Imelda Staunton), unliebsamer Neuzugang im Lehrkörper der Zauberschule Hogwarts, hat subtilere Methoden der Repression. Mit einer Schreibfeder lässt sie die Delinquenten Merksätze in ihre Haut ritzen. Nur solange, bis die Botschaft angekommen ist.

Harry Potter (Daniel Radcliffe) ist das erste Opfer ihrer umstrittenen Maßregelung. Für den sind ein paar Schürfwunden allerdings höchstens Petitessen, seit er Voldemort (Ralph Fiennes) begegnet ist. Nur will ihm plötzlich niemand mehr glauben, dass er der Rückkehr des dunklen Lords beigewohnt hat.

Harrys väterlicher Freund, Direktor Albus Dumbledore (Michael Gambon), kann zwar zunächst einen Schulverweis seines Schützlings verhindern, bekommt dafür allerdings die Ministeriumsmitarbeiterin Umbridge vor die Nase gesetzt, die aus Hogwarts nach und nach einen Polizeistaat macht, in dem das bloße Inbetrachtziehen einer Wiederkehr Voldemorts als subversives Wirken geahndet wird.

Wer die Potter-Reihe für eine bloße Variation des in der Literatur ewig schwelenden Kampfes zwischen Gut und Böse gehalten hat, wurde spätestens mit diesem Band eines Besseren belehrt. Erneut muss Harry erkennen, dass Gut und Böse keine berechenbaren Konstanten sind, dass zunächst die bewusste Ignoranz der von Statusbewusstsein bestimmten Politik überwunden werden muss, um dem Bösen mit vereinten Kräften Einhalt gebieten zu können.

Fortsetzung Überraschenderweise ist Joanne K. Rowling gestern davon abgerückt, die Potter-Reihe nach dem am 21. Juli erscheinenden siebten Band nicht fortzusetzen. "Man soll nie nie sagen", zitiert sie ihr Verlag Bloomsbury. Sie reagierte damit auf eine Internet-Initiative zur Fortsetzung der Romanserie.