Die amouröse Welt der Coco
In dem Film „Coco Chanel“ erkundet Regisseurin Anne Fontaine die ersten Jahrzehnte der berühmten Pariser Modemacherin.
Düsseldorf. Sie hat die Frauen vom Korsett befreit, heißt es immer wieder. Und das ist durchaus im wörtlichen wie im übertragenen Sinne gemeint. Coco Chanel hat die Mode revolutioniert und sich in einer Branche behauptet, die bis dahin fest in Männerhand war. Anfang des 20. Jahrhunderts sagte sie den taillierten Rüschenkleidern den Kampf an und entwarf Kleider und Kostüme, die bequem, eigenwillig und chic waren.
In dem Kinofilm "Coco Chanel" beschäftigt sich die luxemburgische Regisseurin Anne Fontaine ("Das Mädchen aus Monaco") mit dem frühen Werdegang der Modeschöpferin. Mit der gezielten Verkleinerung des biografischen Ausschnittes erspart sie dem Publikum das gehetzte Abhaken der Lebensstationen, die peinlichen kosmetischen Alterungsprozesse und das enervierende Resümieren, durch das sich schon zu viele Biopics hindurchgequält haben.
Als der lebenslustige Pferdezüchter Etienne Balsan (Benoît Poelvoorde) die junge Barsängerin Coco auf sein Gut in der Nähe von Paris einlädt, schlägt sie das Angebot zunächst aus. Sie weiß genau, dass ein Mann seines Standes eine Proletarierin wie sie ohnehin nie heiraten würde. Aber als die Träume, ins Pariser Showgeschäft zu entfliehen, sich zerschlagen, reist sie ins Schloss Royallieu und drängt sich dem überraschten Hausherrn als Dauergast auf. Wenn Balsan seine großherrschaftlichen Feste feiert, soll Coco mit den Bediensteten in der Küche essen. Aber die störrische Mätresse will sich nicht verstecken, sondern die bessere Gesellschaft erkunden.
Sie plündert den Kleiderschrank des Gastgebers und schneidert sich aus Hemden und Hosen eigene Kostüme. Belächelt zunächst, werden ihre Kreationen von den Damen der Highsociety immer interessierter aufgenommen. Als der britische Minenbesitzer Boy Capel (Alessandro Nivola) sich nicht ohne Erfolg um das Herz der eigenwilligen jungen Frau bemüht, gerät das sorgfältig austarierte Verhältnis zwischen Hausherr und Kurtisane langsam aus dem Gleichgewicht.
Fontaines "Coco Chanel" konzentriert sich einerseits auf die ungewöhnliche Dreiecksbeziehung, in der sich echte Gefühle, materielle Interessen und das Ausspielen von Klassengegensätzen stets vermischen. Zum anderen ist sie dem modekünstlerischen Ursprung Chanels auf der Spur, folgt mit der Kamera den scharfen Beobachtungen der künftigen Designerin und zeigt, wie ihre Inspirationen aus der Ablehnung von Althergebrachtem und dem Vertrauen auf das eigene Stilgefühl entstehen.
Trotz der finanziellen Abhängigkeit von den beiden Protegés ist die Zeit in Royallieu für Coco Chanel ein kreativer und emotionaler Schonraum, in dem sie sich ausprobiert und rüstet für das Leben als selbstbewusste Modezarin.
Audrey Tautou entfernt sich hier erfolgreich vom Kind-Frau-Image, das ihr seit "Die fabelhafte Welt der Amelie" anhaftet und zeichnet Chanel als bekennende Individualistin, die ihren Stil und ihr Selbstbewusstsein auch aus der eigenen Fragilität heraus entwickelt. Mit ihrer Ausschnittvergrößerung ist Fontaine dem Mythos der Chanel ein gutes Stück näher gekommen, ohne all ihre Geheimnisse lüften zu wollen.