Ewig grantelt der Großstädter
Woody Allens „Whatever Works“ ist eine amüsante Dialogkomodie. Mit aufgesetzter Moral.
Düsseldorf. Boris Yellnikoff schwierig zu nennen, wäre untertrieben. Der einstige Professor für Quantenmechanik hatte das Leben schon so satt, dass er es sich nehmen wollte. Ein Baldachin unter seinem Fenster bewahrte ihn aber vor dem Tod auf dem nackten Asphalt.
Seine Frau zog aus der pathetischen Szene ihre Konsequenzen und setzte ihm die Koffer vor die Tür des gemeinsamen New Yorker Luxus-Apartments. Mittlerweile wohnt Boris, pensioniert und verbittert, in einem Mini-Loft und verdient sich einige Dollar dazu, indem er Kindern Schachunterricht gibt, sie aber eher vollmundig beleidigt, als ihnen etwas beizubringen.
Diesem, von Zwangsneurosen geleiteten Großstadt-Grantler begegnet eines Tages die blutjunge Melody (Evan Rachel Wood). Das naive Ding ist vor der christlich-keuschen Enge ihres Elternhauses auf dem Lande in die Millionen-Metropole geflohen, wo sie, so prophezeit es ihr Boris, keine drei Tage überlebt. In einem Anfall von Mitgefühl nimmt er das Landei bei sich auf.
Aus der Übergangslösung werden Wochen, dann Monate, bis die beiden heiraten - trotz 40 Jahren Altersunterschied. Das Lebensmodell wird in Frage gestellt, als Melodys Eltern (Patricia Clarkson, Ed Begley Jr.) kommen, um die Tochter nach Hause zu holen.
Über 30 Jahre lag "Whatever Works" in Woody Allens Schublade. Geschrieben hatte er die Parabel für den 1977 verstorbenen US-Schauspieler Zero Mostel. Nun, da Allen wieder in seine Heimat New York zurückkehrte, betraute er Amerikas Lieblingszyniker Larry David ("Curb Your Enthusiasm") mit der Rolle des ewig motzenden Genies.
Tatsächlich zünden die Boshaftigkeiten, allerdings funktioniert der moralische Überbau nicht mehr so, wie er es in den 70ern noch getan hätte. Sämtliche Protagonisten finden ihr Glück: Strenge Sittenwächterinnen werden zu vielmännernden Avantgarde-Künstlerinnen, verklemmte Provinzler entdecken ihre Homosexualität, und letztlich muss auch Boris erkennen, dass Attraktivität und Zuneigung nicht deckungsgleich sind.
Das ist zwar zutiefst human, als gesellschaftliche Botschaft aber ein so alter Hut, dass man sich als Zuschauer fragt: Wer ist denn nun weltfremd? Melody oder Woody?