Filmpreis: Europas Glanz in Bochum
Die Efas, erstmals in NRW vergeben, sind gleichzeitig der Auftakt für das Kulturhauptstadtjahr 2010.
Bochum. Etwas unfair ist es schon, wenn man als der letzte große Filmpreis im Jahr vergeben wird: Die besten Filme haben schon alle wichtigen Preise eingeheimst, und dann bekommen sie noch den Europäischen Filmpreis hinterhergeschoben. Ein wenig kam es einem am Samstagabend so vor, als "Das weiße Band" von Michael Haneke, "Slumdog Millionär" von Danny Boyle und "Der Vorleser" von Stephen Daldry ausgezeichnet wurden. Vielleicht hat die Efa (nach der European Film Academy) genannte silberne Statuette deshalb ein so trotzig hervorgestrecktes Kinn?
Zum ersten Mal wurde der Europäische Filmpreis im Ruhrgebiet vergeben. Normalerweise wechseln sich Berlin und eine andere europäische Hauptstadt ab. Zum Auftakt des Kulturhauptstadtjahres Ruhr.2010 konnte man die Filmbranche hierher einladen. Diesmal also Bochum. Ob es daran lag, dass die Stars sich rar machten? Trotzdem gelang ein feierlicher Abend in der Jahrhunderthalle, zu dem 1400 Gäste angereist waren, darunter Filmemacher und Schauspieler aus ganz Europa, etwa Moritz Bleibtreu, Hannelore Elsner, Victoria Abril, Detlev Buck, Volker Schlöndorff, Caterina Murino und Anatole Taubman.
Anke Engelke moderierte den Abend - ein absoluter Glücksfall. Sie schaffte es, mit bissig-ironischen Kommentaren etwas Pepp in die Veranstaltung zu bringen und gleichzeitig der Ernsthaftigkeit der Sache gerecht zu werden. Im langen schwarzen Kleid mit Schleppe führte sie in fließendem Englisch gewitzt und schlagfertig durch den Abend. Um die Partie Tischkicker mit Fußballstar Eric Cantona, der sich selbst in Ken Loachs neuem Film "Looking for Eric" spielt, dürfte sie mancher beneidet haben.
Souverän ging Engelke mit der Tatsache um, dass fast keine der nominierten Hauptdarstellerinnen in Bochum erschienen war - weder Penélope Cruz ("Zerrissene Umarmungen") noch Charlotte Gainsbourg ("Antichrist") noch Kate Winslet ("Der Vorleser"). "Sie sind so tolle Schauspielerinnen, sie können sich sogar unsichtbar machen. Wenn Sie sie nicht sehen, ist das Ihr Problem", witzelte Engelke.
Regisseur Stephen Daldry nahm den Preis für seine Hauptdarstellerin Kate Winslet entgegen und überbrachte Grüße der Oscarpreisträgerin, die die Auszeichnung den deutschen Darstellern von "Der Vorleser" widmete und speziell David Kross, den sie "für eines der größten Talente" hält.
"Da bin i baff", kommentierte der Österreicher Haneke seine drei Efas für "Das weiße Band" (Drehbuch, bester Film, bester Regisseur). Er bedankte sich besonders bei den Kindern: "Sie sind die Seele dieses Films."
Emotionen kamen in der etwas kühlen Veranstaltung bei der Verleihung der Ehrenpreise auf. Standing Ovations gab es für die französische Schauspielerin Isabelle Huppert (Europäische Leistung für das weltweite Kino) wie für Regie-Altmeister Andrzej Wajda (Kritikerpreis) und den britischen Filmemacher Ken Loach, der für sein Lebenswerk schon einen Abend zuvor in der Essener Lichtburg gefeiert wurde. Er nahm sichtlich gerührt den Preis aus den Händen seines Fußballstars Cantona entgegen.