Jim Carrey entfacht Waffendebatte neu
Los Angeles (dpa) - Hollywood-Komiker Jim Carrey („Der Grinch“) hat den Finger in die Wunde gelegt. Sein neuer Film „Kick-Ass 2“ sei zu gewalttätig, wetterte der gebürtige Kanadier am Wochenende auf Twitter.
Er habe den Streifen wenige Monate vor dem Amoklauf mit 20 toten Grundschülern im US-Bundesstaat Connecticut im Dezember 2012 gedreht, schrieb der 51-Jährige bei dem Kurznachrichtendienst. Jetzt könne er das Gewalt-Level nicht mehr guten Gewissens unterstützen. „Ich schäme mich nicht dafür, aber die Ereignisse in jüngster Zeit lassen mich das jetzt einfach anders sehen.“
In der Fortsetzung der Comic-Adaption gehen als Superhelden verkleidete Jugendliche auf brutale Weise gegen Widersacher vor. „Kick Ass 2“-Autor und Produzent Mark Miller feuerte in einem Blog zurück. Als Geschichtenerzähler sei es sein Job, die Leute zu unterhalten. „Unser Werkzeugkasten darf nicht durch die Einschränkung von Waffen in einem Action-Film sabotiert werden.“ Carreys Sinneswandel löste eine Flut von Kommentaren im Netz aus.
Wie viele prominente Kollegen hat sich Carrey in der Vergangenheit mehrfach gegen Gewalt und für schärfere Waffengesetze ausgesprochen. Nach dem Amoklauf bei einer „Batman“-Vorstellung in Aurora (Colorado) mit zwölf Toten und 70 Verletzen vor einem knappen Jahr ging ein Aufschrei durch Hollywood. Und nach dem Massaker an der „Sandy Hook“-Grundschule meldeten sich Stars wie Jamie Foxx, Lady Gaga und Robert Redford mit Unterschriftenkampagnen und Kritik zu Wort. US-Präsident Barack Obama startete eine Initiative für schärfere Gesetze, der Kongress hat bisher alle Vorstöße abgeschmettert.
Kinofilme in diesem Sommer sind unverändert mit Gewalt gespickt. Das Poster zu Roland Emmerichs Action-Streifen „White House Down“ zeigt Channing Tatum als Bodyguard des Präsidenten mit Maschinengewehr und Pistolengürtel. Denzel Washington und Mark Wahlberg zücken auf dem Plakat für „2 Guns“ ihre Waffen.
Star-Regisseur Quentin Tarantino („Django Unchained“, „Pulp Fiction“) wies im Winter eine mögliche Verbindung von brutalen Filmen und realer Gewalt kategorisch zurück. Waffenkontrolle und die psychische Verfassung der Täter seien das Problem, betonte er in Interviews. Auch Arnold Schwarzenegger verteidigte im Januar die die vielen Schießereien in seinem Film „The Last Stand“. Die Zuschauer sollten daran einfach Spaß haben.
Dagegen forderte Robert Redford in diesem Jahr bei der Eröffnung des Sundance-Festivals eine stärkere Debatte über Gewalt in Filmen: „Ich denke es ist nicht nur angebracht, sondern überfällig, diese Diskussion zu führen“, mahnte der Hollywoodstar.
Auch unter Autoren sind die Fronten gespalten. Schon als kleines Kind habe er von seinem Vater eine Waffe in die Hand gedrückt bekommen, um den Umgang damit zu lernen, sagte US-Bestsellerautor Jonathan Franzen („Freiheit“, „Die Korrekturen“) im Februar der Nachrichtenagentur dpa. „Mein Vater war der größte Pazifist der Welt, aber er ist eben auf dem Land aufgewachsen.“
Der Schriftsteller spricht sich aber offen für strengere Waffengesetze in den USA aus: „Ich bin absolut für mehr Kontrolle und besitze auch keine Waffe.“ Die meisten Waffenbesitzer seien verantwortungsbewusst, glaubt Franzen. „Und die sind natürlich zu Recht sauer auf Menschen, die einfach aus Prinzip gegen Waffen sind.“
Sein Schriftsteller-Kollege Stephen King, bekannt für Horror-Schmöker wie „Shining“, „Friedhof der Kuscheltiere“ und „Es“, hat ein ganzes Buch über das Thema geschrieben. „Schärfere Waffengesetze würden tausende Leben retten“, schreibt er in dem Anfang des Jahres veröffentlichten E-Book „Guns“ und fordert Politiker auf, endlich zu handeln und halbautomatische Waffen zu verbieten. Aber: King selbst besitzt drei Pistolen, wie er in dem Buch zugibt.
Bereits 2002 stellte Regisseur Michael Moore in dem Dokumentarfilm „Bowling for Columbine“ die Frage: „Sind wir verrückt nach Waffen - oder einfach nur verrückt?“ Anlass für den waffenkritischen Film war das Schulmassaker an der Columbine Highschool in Colorado. Zwei Teenager ermordeten 1999 zwölf ihrer Mitschüler und einen Lehrer und erschossen sich selbst. Hollywood verlieh Moore 2003 einen Oscar. Und auf der Leinwand wird weiter geballert.