„Geist in der Masse“ Robert Pattinson gibt beim Filmfest Cannes den Bankräuber
Cannes (dpa) - Abgemagert, mit strähnigen Haaren und insgesamt ziemlich heruntergekommen - so hat man Robert Pattinson wohl noch nicht gesehen. Dieser Mädchenschwarm, der mit den „Twilight“-Filmen weltberühmt wurde, zeigte beim Filmfest Cannes nun eine ganz andere Seite.
In dem Wettbewerbsbeitrag „Good Time“ spielte er einen abgehalfterten Bankräuber auf der Flucht. Seine Fans störte der Wandel erwartungsgemäß wenig: Wo immer der 31-jährige Brite an der Croisette auftauchte, brach Gekreische aus.
Umso verwunderlicher ist, dass er den gesamten Film scheinbar unerkannt auf New Yorks Straßen drehte. „Ich war so nervös, dass Leute von dem Dreh erfahren würden“, erzählte Pattinson am Donnerstag vor der Premiere am Abend in Cannes. Doch niemand habe ihn erkannt und das Smartphone gezückt. Er sei nervös gewesen, dass Paparazzi ihn entdecken würden. Daher habe er versucht unsichtbar zu sein, „wie ein Geist in der Masse“.
Diese Nervösität ist dann auch im Film zu spüren - und trägt zur stimmungsvollen Inszenierung der US-Brüder Josh und Benny Safdie bei. Bislang sind die beiden noch ziemlich unbekannt, das dürfte sich nach diesem schnell geschnittenen, düsteren und rastlosen Thriller mit Jennifer Jason Leigh in einer Nebenrolle nun ändern.
Colin Farrell hingegen war nicht so sehr von weiblichen Fans umgeben, dafür saß der 40-Jährige bei der Pressekonferenz zu „Die Verführten“ am Mittwoch umgeben von einer ganzen Frauenriege - und wirkte anfangs fast eingeschüchtert. Immerhin hatten neben ihm Nicole Kidman, Kirsten Dunst, Elle Fanning und weitere Darstellerinnen aus Sofia Coppolas Wettbewerbsbeitrag Platz genommen.
Farrell taute dann aber auf und schwärmte von der entspannten und vertrauensvollen Atmosphäre beim Dreh. So viele freundliche Worte schienen notwendig, musste Farrell im Film doch einiges ertragen: Als verwundeter Soldat aus dem Norden landet er während des US-Bürgerkriegs Ende des 19. Jahrhunderts in einer Mädchenschule in den Südstaaten. Das geht nicht lange gut, buhlen die Frauen doch schon bald um seine Aufmerksamkeit und beäugen sich gegenseitig immer misstrauischer.
Mit „Die Verführten“ legt die Oscarpreisträgerin Coppola („Lost in Translation“) eine Adaption des Romans von Thomas Cullinan und gleichzeitig ein Remake eines Don Siegel Werks mit Clint Eastwood vor. Während „Betrogen“ 1971 aber aus Sicht des Mannes erzählte, fokussiert die 46-jährige Regisseurin nun auf die Frauen und jungen Mädchen.
„Ich glaube, dass da einige Themen drinstecken, die auch heute noch aktuell sind“, fand Regisseurin Coppola. „Im Kern geht es um den Kampf zwischen Männern und Frauen“, sagte sie, bevor Farrell ergänzte, „und um Unterdrückung (...) unabhängig vom Geschlecht“.
Deutlich düster wurde es unterdessen bei dem in Berlin lebenden Ukrainer Sergei Loznitsa. Der erzählt mit der deutschen Koproduktion „A Gentle Creature“ von einer Frau, die ihren Mann im Gefängnis sucht. Dabei erlebt sie Willkür der Polizei, Korruption, Gewalt und Prostitution - Loznitsa entwirft so ein bedrückendes Kaleidsokop der russischen Unterschicht und katapultierte sich in den letzten Festivaltagen in die Riege der Favoriten auf einen der Hauptpreise.