Sundance Festival: Die Kunst trotzt der Krise
Marion Meyer berichtet aus Park City: Auf Robert Redfords berühmtem Filmfest in Utah sind in diesem Jahr auch drei deutsche Filme vertreten.
Park City. "Sundance - what’s next": Sundance zeigt, was als nächstes kommt. In kleinen Kurzfilmen präsentieren sich die Macher des wichtigsten amerikanischen Independent Filmfestes vor jeder Premiere: Der Gründer und Übervater von Sundance Robert Redford und Festivalleiter Geoffrey Gilmore erläutern auf der Leinwand die Ursprungsidee: Regisseuren für ihre Filme eine Plattform geben, die sonst keine Chance hätten.
Zum 25. Mal findet das Festival in diesem Jahr in Utah statt, und auch wenn der Kommerz und die Stars hier Einzug gehalten haben, merkt man noch etwas vom legendären Geist der Unabhängigkeit von Hollywood. Das Programm, bestehend aus 120 Spielfilmen, davon 87 Weltpremieren, verzeichnet viele Newcomer, die darauf warten, von den angereisten Filmbossen entdeckt zu werden.
Viel wird geredet von der Krise und wer in diesem Jahr alles nicht da ist: Der Stimmung schadet das nur wenig. Jeden Abend verwandelt sich die legendäre Main Street mit ihrem Western Flair in eine ausgelassene Partymeile. Und der Ticketverkauf läuft besser als vergangenes Jahr. Denn gerade in der Krise findet Kunst seinen Weg, wie Robert Redford zur Eröffnung des Festivals sagte.
Aus 21 Ländern stammen die Filme, die hier in diesem Ski-Ort noch bis zum 25. Januar in einer Höhe von über 2100 Metern gezeigt werden. Deutschland ist in diesem Jahr so gut vertreten wie selten: Gleich drei Filme von deutschen Regisseuren laufen in den unterschiedlichen Reihen, alle drei mit Fördergeldern der Filmstiftung NRW und zum Teil zwischen Rhein und Weser realisiert. Sandra Nettelbeck, die mit "Bella Martha" mit Martina Gedeck 2001 einen Überraschungshit auch in den USA landete, präsentiert die Weltpremiere ihres neuen Films "Helen".
Ashley Judd ("Doppelmord") spielt darin eine an Depression erkrankte Musikprofessorin, deren Ehe mit David (Goran Visnjic) an der Krankheit zu zerbrechen droht. Sie freundet sich mit der Studentin Mathilda (Lauren Lee Smith) an, die selbst mit ihren ganz persönlichen Albträumen zu kämpfen hat. Nettelbeck, die auch das Drehbuch geschrieben hat, schafft ein erschütterndes und tief bewegendes Kammerspiel, das nicht nur von den Abgründen einer fürchterlichen Krankheit erzählt, sondern auch von einer ungewöhnlichen Freundschaft zweier im Leid vereinten Frauen und von neuer Hoffnung. Sehr warmherzig fiel der Applaus nach der Vorführung für die 41-jährige Regisseurin aus, die in Köln und Berlin lebt. "Sundance ist für einen Regisseur immer noch ein Meilenstein", sagt Nettelbeck stolz. Der deutsche Filmstart für "Helen" ist für den 22. April geplant.
Der Münchner Regisseur Peter Sehr stellt bereits zum dritten Mal einen Film in Sundance vor. "Die Frau des Anarchisten" hat er gemeinsam mit Ehefrau Marie Noelle inszeniert. Er erzählt die Geschichte eines Ehepaars, das während des spanischen Bürgerkriegs lange Jahre getrennt wird, weil der Mann gegen Franco und die Diktatur kämpft. Er entfaltet ein Drama, das eindrucksvoll die unterschiedlichen Beweggründe seiner Figuren aufschlüsselt: Manuela (Maria Valverde) kämpft für die Liebe ihres Mannes Juan (Juan Diego Botto), dem wiederum der Widerstand gegen die Faschisten über alles geht.
Für Peter Sehr stellt das historische Drama einen Teil europäischer Geschichte dar. "Denn nur durch den Kampf gegen die Faschisten konnte unser heutiges Europa entstehen", erläutert Sehr ("Kaspar Hauser"). Die zurzeit omnipräsente Nina Hoss verkörpert in "Die Frau des Anarchisten" eine deutsche Widerstandkämpferin und verblüfft in der Originalfassung mit fließendem Spanisch und Französisch. Der Film soll am 30. April in den deutschen Kinos starten.
Schon am Donnerstag kommt Oskar Roehlers neuer Film "Lulu und Jimi" in Deutschland heraus. Die Liebesgeschichte eines ungleichen Pärchens, das in den strengen 50er Jahren gegen die Konventionen lebt, stieß in Sundance auf großes Interesse, weil Oskar Roehler ("Elementarteilchen") hier ein gern gesehener Gast ist. Und auch wenn der in seiner Überstilisierung etwas erstarrt wirkende Film nicht wirklich mitreißt, passt der Rock’n’Roll-Soundtrack bestens zur ausgelassenen Stimmung in den Kneipen rund um das Egyptian Theatre, das mit seinen Säulen und Portalen etwas Las-Vegas-Charme mitten in Park City versprüht.