Oscar-Hoffnung „Toni Erdmann“ weckt Neugier auf deutsche Filme
München (dpa) - Kein Golden Globe, dafür aber Chancen auf den Oscar: Der Erfolg der hochgelobten Tragikomödie „Toni Erdmann“ von Maren Ade könnte das Interesse an deutschen Filmen im Ausland weiter befeuern.
Der Film besitze Leichtigkeit und Humor und betreffe gleichzeitig eine elementare Beziehung zwischen Vater und Tochter, sagt Mariette Rissenbeek von German Films in München der Deutschen Presse-Agentur anlässlich der Oscar-Nominierung des Werks. Diese Geschichte lasse sich auf viele andere Länder übertragen. „Es ist kein so ausschließlich deutsches Thema, dass andere das nicht verstehen können.“ German Films ist das Informations- und Beratungszentrum für die Promotion des deutschen Films im Ausland.
Dass „Toni Erdmann“ erfolgreich sein würde, stand für viele außer Frage, gelang der Regisseurin doch eine wunderbare Mischung aus Drama und Komödie, mit Sandra Hüller und Peter Simonischek als brilliantem Vater-Tochter-Gespann. Die „New York Times“ lobte das Werk zum US-Kinostart als „bei weitem lustigste fast dreistündige deutsche Komödie, die sie je sehen werden“. Für German Films hilfreich bei der Aufgabe, heimische Produktionen im Ausland zu verbreiten. „Wir haben das Gefühl, dass dadurch größeres Interesse und Neugier auf die nächsten deutschen Filme vorhanden ist“, sagt Rissenbeek. Laut German Films wurde „Toni Erdmann“ bis Mitte Januar in mehr als 100 Länder weltweit verkauft.
„Das Überraschende für ein internationales Publikum war, dass so ein Film aus Deutschland kommt“, resümiert der Aufsichtsratsvorsitzende von German Films, der Produzent Peter Herrmann. Früher seien sie oft historisch gewesen oder sehr episch. Inzwischen sei das anders. „„Toni Erdmann“ ist anspruchsvoll, man kann aber auch lachen.“ In der Tat erregten deutsche Werke im Ausland lange Jahre vor allem dann Interesse, wenn sie sich mit der Vergangenheit, vor allem dem Nationalsozialismus, befassten. Filme wie „Sophie Scholl - Die letzten Tage“ oder das Hitler-Drama „Der Untergang“ wurden für die Oscars nominiert. Das Stasi-Drama „Das Leben der Anderen“ gewann den Auslands-Oscar, ebenso wie die Romanverfilmung „Nirgendwo in Afrika“, in der eine jüdische Familie vor den Nazis nach Kenia flieht.
Auch der Umgang mit Flüchtlingen habe das Land in ein anderes Licht gerückt, glaubt Herrmann. „Seit Deutschland im Herbst vorletzten Jahres einfach mal so eine Million Flüchtlinge aufgenommen hat, wurde das in der Welt sehr erstaunt wahrgenommen und da hat sich auch ein anderes Interesse gebildet“, ist der Produzent überzeugt. „Diese Dinge wecken Neugier auf das Land, auf die Kultur.“ Außerdem sei der Ruf deutscher Filme im Ausland besser, als viele glaubten. Herrmann schätzt, dass jedes Jahr 100 Millionen Menschen im Ausland deutsche Filme ansehen, im Kino oder im Bezahlfernsehen, auf DVD oder im Internet, allerdings „inhaltlich geprägte Kinofilme wie „Toni Erdmann“, nicht die Komödien, die hier große Zuschauerzahlen machen. Die gehen im Ausland in der Regel nicht so gut.“
Ob „Toni Erdmann“ den begehrten Oscar als bester fremdsprachiger Film am 26. Februar tatsächlich gewinnen wird? „Der Oscar wäre die Krönung“, sagt Herrmann. Eine Prognose wagt er lieber nicht. „Der Oscar ist nicht die Weltolympiade des Films“, findet er. „Es ist natürlich der bedeutendste Filmpreis und bewirkt unglaublich viel für die Macher.“ Trotzdem: „Das ist Kunst, und das ist in hohem Maße unerklärbar und unkalkulierbar.“