Frust, Ärger und Spott - Kölner Oper wird doppelt so teuer
Die Oper wird doppelt so teuer und öffnet erst 2022 wieder. Aber das ist nicht die einzige Baustelle. Im Kulturbereich hakt es generell.
Köln. Als die Kölner Oper im Mai eine wahre Weltpremiere ankündigte, musste sie ein wenig Spott einstecken. Die Oper „Fidelio“ von Wolfgang Amadeus Mozart versprach da ein Plakat. Nur hat gar nicht jener, sondern Ludwig van Beethoven „Fidelio“ geschrieben. Die Plakate waren schnell abgehängt, der Fauxpas vergessen. Nichts gegen die Häme wegen des falschen „Fidelio“ ist allerdings der Spott, den das Projekt Opern-Sanierung aushalten muss. Ähnlich wie der Berliner Flughafen will die Oper partout nicht fertig werden.
Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) sprach am Montag bei einer Pressekonferenz von einem „Desaster“. Denn jetzt steht fest, dass die Bühnen erst 2022 wieder eröffnen. Ursprünglich war dies schon für 2015 vorgesehen. Leider habe es seit Beginn der Arbeiten 2012 „gravierende Mängel in Planung und Ausführung, deren Anzahl und Dimension bei mir Unverständnis auslösen und mich zornig machen“, gegeben.
Reker, die das Thema nach ihrer Wahl im Oktober 2015 zur Chefsache gemacht hatte, scheint sichtlich verärgert. Denn zu der Zeitverzögerung kommen explodierende Baukosten. Die Stadt gab jetzt bekannt, dass die Generalüberholung von Oper und Schauspielhaus mehr als doppelt so teuer wird wie ursprünglich geplant. Statt 250 Millionen Euro soll die Sanierung zwischen 545 und 570 Millionen Euro kosten. Zum Vergleich: Die Elbphilharmonie hat 789 Millionen Euro gekostet.
Eben dieser Blick nach Hamburg ärgert den Kölner CDU-Kulturpolitiker Ralph Elster (CDU). Einen Elbphilharmonie-Effekt werde es in Köln nicht geben. „Für eine ähnlich hohe Summe haben wir in Köln dann kein tolles Wahrzeichen wie in Hamburg mit der Elbphilharmonie, sondern ein saniertes Gebäude aus den 50er Jahren“, sagte Elster etwas frustriert. „Unglaublich, Köln steht blamiert da.“
Immerhin seien die jetzt vorgelegten Pläne und Kosten realistisch. Bernd Streitberger ist seit einem Jahr Betriebsleiter der Bühnen und übernimmt seitdem die Funktion des Bauherren. Er hatte sich ein Jahr Zeit erbeten, um eine seriöse Prognose für den Umbau präsentieren zu können. 50 Experten unterstützen ihn dabei. „Bei den vorgelegten Annahmen handelt es sich um eine nach heutigem Stand realistische Perspektive, in die wir die relevanten Risiken entsprechend eingerechnet haben“, sagte Streitberger.
Ursprünglich gab es Pläne, die Oper und das Schauspiel, das direkt daneben liegt, neu zu bauen. Sie wurden verworfen. Im Juni 2012 begannen die Sanierungsarbeiten — und damit ein Bau-Drama. Denn auf der Baustelle gibt es mehr als 8000 Mängel. Das Sorgenkind ist die Haustechnik: Klimaanlagen, Lüftungen, Brandschutz.
Für die Stadt ist klar, wer Schuld an der Misere trägt: das Planungsbüro Deerns. Es war bis 2015 verantwortlich für die Planung der Gebäudetechnik. „Es wurde von Anfang an ein Bauernopfer gesucht, und das ist Deerns“, sagt dessen Sprecherin Julie Edelmann-Veith unserer Zeitung. „Die Stadt Köln ist zu keinem Zeitpunkt ihren Aufgaben und ihrer Verantwortung als Bauherrin nachgekommen“, hatte der Deerns-Geschäftsführer Christoph Amarotico schon vor Monaten beklagt. Bis jetzt gebe es nur Behauptungen der Stadt Köln, sagt Edelmann-Veith. Nach Gerichtsstreitigkeiten läuft zurzeit ein selbstständiges Beweisverfahren. Ein unabhängiger Sachverständiger begutachtet die Mängel, um herauszufinden, wer dafür verantwortlich ist.
Für Elster und viele andere Politiker und Kulturkenner in der Stadt ist aber noch jemand zumindest nicht unschuldig: Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach. Sie ist bereits vier Jahre im Amt, weist aber bei der Opern-Sanierung jede Verantwortung von sich. Einige Medien spekulieren schon, ob sich nicht im Stadtrat eine Mehrheit für eine Abwahl der parteilosen Dezernentin abzeichnen könnte.
Elster bemängelt die Projektsteuerung, nicht nur bei der Oper. Vorige Woche gab es den nächsten Eklat. Das Römisch-Germanische Museum (RGM) neben dem Dom muss sechs Jahre statt geplanter drei schließen. Zum Jahresende soll das Museum, das pro Jahr 200 000 Besucher zählt, ausziehen. Aber erst danach werde mit der Planung begonnen. „Obwohl wir die Sanierung des RGM seit zehn Jahren auf der Agenda haben“, moniert Elster. Allein die Planung soll jetzt vier Jahre dauern. Kosten könnte die Sanierung mehr als 40 Millionen Euro.
Zudem steigen die Kosten für die Archäologische Zone und das Jüdische Museum. Die Stadt rechnet mit 77 Millionen Euro statt 51,7 Millionen. Ebenfalls Sorgen bereitet der Umbau des Wallraf-Richartz-Museums. Dass das Stadtmuseum wegen eines laufenden Wasserhahns monatelang schließen muss, wird da schon unter Nebensache verbucht.