Historiker: Karl Marx' Geburtstag ist eine Chance

Ideologische Grabenkämpfe überwinden: Karl Marx' Geburtstag bietet dem Bielefelder Forscher Thomas Welskopp zufolge die Möglichkeit, einen neuen Blick auf den polarisierenden Philosophen zu werfen. Mario Adorf und Quietscheenten könnten dabei helfen.

Foto: Philipp Ottendoerfer/-/dpa

Bielefeld. Der 200. Geburtstag von Karl Marx ist aus Sicht des Bielefelder Gesellschaftshistorikers Thomas Welskopp eine gute Möglichkeit, ideologische Gräben zu überwinden. „Das ist jetzt die Chance, mal wirklich einen neuen Blick auf die Schriften, als auch auf die Person, als auch auf sein Jahrhundert zu werfen“, sagte Welskopp der Deutschen Presse-Agentur. „Und zwar nicht, um eine neue Revolution zu entfachen, sondern um das in einer Art und Weise zu historisieren, dass man heute noch etwas lernen kann.“

Dies gelinge in aktuellen Spielfilmen, aber auch in Ausstellungen zum Thema sehr gut. „Weil Marx dann als Figur des 19. Jahrhunderts sehr stark kontextualisiert wird“, sagte Welskopp. Seine Zeit und der historische Kontext rückten in den Vordergrund.

Schwarz-rot-goldene Streifen zieren als Fanbemalung das Karl-Marx-Monument in Chemnitz. Archivbild.

Foto: Jan Woitas

Die ideologischen Grabenkämpfe des vergangenen Jahrhunderts, die etwa Sozialdemokraten und Kommunisten über Marx ausgetragen hätten, seien extrem polarisiert und unproduktiv gewesen. „Diese Diskussionen sind im Grunde genommen in der Ablage verschwunden“, sagte Welskopp.

In der Öffentlichkeit sei von Marx, der am 5. Mai 1818 geboren wurde, spätestens seit der Bankenkrise 2008 wieder verstärkt die Rede. „Das geht ja weit über die damit befassten Wissenschaften heraus“, sagte der Historiker. „Marx ist schon wieder mehr eine öffentliche Figur geworden in der Zeit, aber er ist keine greifbare Figur.“

Skeptisch sieht Welskopp stilisierte, versteinerte Darstellungen von Marx, etwa den Karl-Marx-Kopf in Chemnitz oder die Bronze-Statue, die China Marx' Geburtsstadt Trier zum 200. Geburtstag des Philosophen überreichte. „Sie zeigen immer dasselbe Gesicht, abgewandelt von einem Karl-Marx-Foto aus dem Jahr 1875 in London.“ Diese Darstellungen wirkten so, als hätte Andy Warhol das Karl-Marx-Image komplett abgebildet.

Kommerzielle Projekte wie die aktuelle Verfilmung der letzten Lebensjahre mit Mario Adorf, oder auch Spielzeugfiguren oder Marx-Quietscheenten störten ihn hingegen nicht. „Ich finde das witzig“, sagte Welskopp. „Trier hat ja jetzt auch Karl-Marx-Ampelmännchen.“ Damit nehme man die ganze Thematik nicht so ernst. „Das ist ja kein Personenkult, sondern eher ein ironisches Spielen damit.“ dpa