Kunst Lauter Trümpfe im Kaiser-Wilhelm-Museum

Krefeld · Die Ausstellung „Von Albers bis Zukunft“ wird heute eröffnet. Sie schlägt einen Bogen vom Deutschen Museum über das Bauhaus bis in die Gegenwart.

Magdalena Holzhey von den Kunstmuseen hinter der Aluminium-Plastik „Struttura continua“ von Bruno Munari, 1958/60.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Im Reigen der Ausstellungen zum hundertjährigen Bestehen des Bauhauses wird die Künstlerschmiede in Weimar, Dessau und Berlin allzu gern isoliert gesehen. Doch diese Lehranstalt für den internationalen Nachwuchs stand nicht isoliert da. Das wird in einer Ausstellung im Kaiser-Wilhelm-Museum deutlich, die den Lindwurm-Titel trägt: „Von Albers bis Zukunft - Auf den Spuren des Bauhauses“. Sie findet in jenem Museum statt, das einen wichtigen Anteil an der Entwicklung der Moderne hat.

Wie Creutz das Deutsche Museum ins Haus holte

Beginnen wir bei der Historie: Neben der Kunstgewerbeschule in Düsseldorf unter Peter Behrens waren das Kaiser-Wilhelm-Museum in Krefeld ab 1897, der Deutsche Werkbund ab 1907 in München und die Museumsgründungen des Karl Ernst Osthaus 1902 und 1909 in Hagen von entscheidender Bedeutung. Der Mann, den die Krefelder eigentlich feiern müssten, ist Max Creutz. Er wurde 1922 Direktor am Kaiser-Wilhelm-Museum. Ihm gelang schon ein Jahr nach seiner Berufung ein Paukenschlag: Ende 1923 holte er das „Deutsche Museum für Kunst in Handel und Gewerbe“ des verstorbenen Karl Ernst Osthaus in die Seidenstadt. In den Depots an der Marktstraße/Joseph-Beuys-Platz lagert heute eine Mustersammlung herausragender Arbeiten aller im Werkbund vertretenen Architekten, Produktgestalter und Grafikdesigner. Aber auch die nachfolgenden Direktoren Paul Wember, Gerhard Storck und die 2016 berufene Katia Baudin mehren die Schätze. Aus dieser Fülle schöpften die Kuratorinnen Magdalena Holzhey und Sylvia Martin für ihre Schau in 15 Räumen.

Gleich der erste Saal ist triumphal. Hier hängen die Werke der Bauhäusler, die gelehrt und gelernt haben. Den Auftakt macht Georg Muche, von dem die Krefelder immer noch viel zu wenig wissen. Sein Gemälde von 1916 ist klar komponiert und kosmisch zugleich. Die Komplementärfarben sind von magischer Wirkung. Das Nachbarbild ist ein früher Kandinsky von 1912, als der gebürtige Russe sich auf den Weg machte, um von der expressiven Landschaft in die Abstraktion zu gelangen. Der Neuen Sachlichkeit ist der Krefelder Maler Johannes Driesch verpflichtet, ein leider viel zu früh verstorbener Maler und Keramiker, der bei Itten, Feininger und Marcks studiert hat.

Eine Überraschung gibt es
hinter einem Wandverhau

Sollte der Besucher hinter eine abgetrennte Wand schauen, entdeckt er die eigentliche Überraschung dieses Präludiums: einen inzwischen digitalisierter Film von Moholy Nagy von 1930, für den er sich einen „Lichttonmodulator“ baute, eine gerüstartige Skulptur, die er in Bewegung setzte und mit Licht beschickte.

1928 organisierte der ideenreiche Max Creutz die Ausstellung „Farbe“. Dafür kontaktierte er Kandinsky, der in seinen Bauhaus-Kursen pädagogisch genau den Farbgebrauch in der handwerklichen und industriellen Produktion vermittelte. Kandinsky schickte tatsächlich entsprechendes Material nach Krefeld. Es war gleichsam ein Dankeschön, denn der Museumsgründer Friedrich Deneken hatte schon 1902 eine „Farbenschau“ organisiert, die Kandinsky mit seiner damaligen Lebensgefährtin Gabriele Münter besuchte und im Almanch „Der Blaue Reiter“ verarbeitete. Die dabei gezeigten Handkolorite des dänischen Museumsdirektors Pietro Krohn hängen gleichfalls im jetzigen Farb-Raum.

Dialog zwischen Palermo und Sonia Delauay

Hochinteressant ist die Rolle des russischen Suprematismus und der niederländischen De Stijl-Gruppe. Ihnen gelang es, das anfängliche Bauhüttenkonzept internationaler auszurichten. Als einer der Geburtshelfer von de Stijl, Theo van Doesburg, in Weimar anklopfte, durfte er lediglich fünf Monate lang einen Kurs abhalten. Zur Anstellung kam es nicht, denn Direktor Walter Gropius entschied sich für Moholy Nagy. Auch hier glänzt Krefeld mit grandiosen Beispielen.

Nachfolgerin des Bauhauses auf deutschem Boden war die Ulmer Hochschule für Gestaltung, die zu modern für den Geist der Adenauerzeit war und daher nur von 1953 bis 1968 bestand. Max Bill, Almir Mavignier und Hans Richter sind mit hochkarätigen Arbeiten vertreten.

Ein weiterer Triumph ist der visuelle Dialog zwischen einem Stoffbild von Blinky Palermo und einem farblich faszinierenden Stoffentwurf von Sonia Delaunay, der zu einem Konvolut von hundert Entwürfen gehört, mit denen die neue Museumschefin Katia Baudin einen Coup gelandet hat.