Das Paradies für Rheingold
Die Sammlung Rheingold ist in Schloss Dyck zu sehen. Wer profitiert davon? Ein Hintergrund zum Geld und zur schönen Schau.
Jüchen. Die Sammlung Rheingold geht im Solitär deutscher Schlossbaukunst, im Hochschloss von Schloss Dyck, vor Anker. Dort zeigen die Brüder Bernd, Eugen, Klaus und Michael Viehof, denen früher die Allkauf-Kette gehörte, sowie die Düsseldorfer Unternehmer Helge Achenbach und Hedda im Brahm-Droege die Schau "Paradies und zurück" aus ihren Beständen. Ein genialer Coup? Wer gewinnt dabei was?
Als Marie Christine Gräfin Wolff Metternich, geborene Altgräfin zu Salm-Reifferscheidt-Dyck, ihre Immobilie in eine Stiftung einbrachte, war dies eine große Geste, aber auch die letzte Rettung, denn die mit 8,2 Millionen Euro bezifferten Gebäude und Gärten hätte sie allein nicht sanieren können.
Als das Schloss 2003 für jedermann eröffnet wurde, hatten das Land, der Landschaftsverband, der Rheinkreis Neuss, die Stadtsparkasse Neuss, die Gemeinde Jüchen und RWE tief in die Taschen gegriffen: Sie häuften ein Stiftungskapital von sechs Millionen Euro an, von dessen Zinsen der Betrieb mit Besichtigung von Park und Schloss möglich wird.
Zugleich war eine große Sanierungs-Aktion durch Städtebau-Förderungs-Gelder angelaufen. Die ersten 20 von 27 Millionen Euro sind inzwischen verbaut, die verbleibenden sieben Millionen werden nach Auskunft des Geschäftsführers der Stiftung, Jens Spannjer, bis 2011 investiert sein.
Für Spannjer ist es "ein Glück", dass Rheingold einen Vertrag mit der Stiftung über fünf Jahre abgeschlossen hat und jährlich zwei Ausstellungen zeigen wird. "Das ist eine Attraktion besonderer Art. Wir gewinnen dadurch neue Publikums-Schichten. Zum Besuch von Park und Schloss bekommen die Gäste nun auch noch Kunst geboten."
Die Sammlung Rheingold ist seit der Übernahme der Meisterwerke von Rainer Speck für einen zweistelligen Millionen-Betrag international bekannt, jetzt wird sie gleichsam geadelt. Die fünf grandiosen "Paradies"-Bilder von Thomas Struth im historischen Barocksaal sind ein Hochgenuss. Das Filigran seiner Grüns, die Lichtdurchlässigkeit der Raumschichten auf den Diasec-Oberflächen, der Schau-Auftritt der Landschaft in der milden Frühjahrssonne heben die Stimmung.
Der etwas flapsige Titel der 90Kunstwerke trifft weniger auf Struth als auf dessen Ex-Kommilitonen Thomas Ruff zu. Von ihm stammt ein Computer-Bild names Bi01. Der Titel bezieht sich auf das Bikini-Atoll, wo 1954 die erste Wasserstoffbombe gezündet wurde. Das Atoll war ein Paradies, die Kernwaffentests brachten den Tod. Ruff bläst die Pixel auf, der Mittelpunkt seiner Szene ist ein leeres, weißes Nichts.
Der ostdeutsche Maler Everhard Havekost steuert künstliche Gärten auf seinen Gemälden bei. Es gibt wunderbare Sequenzen, wenn William Kentridge Galgenvögel in einer Schatten-Prozession über ein Endlosband laufen lässt. Mircea Cantor sperrt eine Hirschkuh und einen Wolf in eine weiße Zelle und zeigt im Film, wie die Kreaturen unter Hochspannung aufeinander lauern. Das Paradies ist auch im Tierreich passé.
Der "Mehrgewinn" für die Besucher und die Stifter beruht auf Gegenseitigkeit. Gäste können durch neun Gärten, über vier Brücken, an drei Vorburgen und an Kunst der Avantgarde entlang schlendern. Die Rheingold-Sammler zahlen den Kurator, den Transport, den Auf- und Abbau und die Versicherung, wohl wissend, dass jede öffentliche Präsentation den Wert ihrer privaten Schätze steigert.