Kulturpolitik: Bleibt das Elbtal ein Welterbe?
Die Unesco berät über die Waldschlösschenbrücke.
Sevilla. Die UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) hat gestern in Sevilla ihre Beratungen über das Weltkulturerbe fortgesetzt. Das zuständige Komitee der Unesco wollte sich auf seinem Treffen in der südspanischen Metropole am Nachmittag mit der angedrohten Aberkennung des Welterbetitels für das Dresdner Elbtal befassen. Bis zum Abend wurde eine Entscheidung nicht bekannt.
Das Welterbekomitee, dem Vertreter aus 21 Ländern angehören, hatte im vergangenen Jahr eine Aberkennung wegen des Baus der umstrittenen Waldschlößchenbrücke angekündigt. Nach Ansicht der Unesco verschandelt das Bauwerk das Elbtal und zerstört die Kulturlandschaft mit ihren Flussauen. Die Stadt Dresden hofft, dass das UN-Gremium seine Entscheidung bis zur Fertigstellung der Brücke aufschiebt.
Über die Aufnahme des niederländisch-deutschen Wattenmeeres in die Liste des Welterbes will das Komitee ab heute beraten. Die Sitzung in Sevilla geht noch bis zum 30. Juni.
Der deutsche Medizin-Nobelpreisträger Günter Blobel geht vom Welterbe-Titelverlust für das Dresdner Elbtal wegen des Baus der Waldschlösschenbrücke aus. "Den Delegierten wird nichts anderes übrigbleiben, als Dresden von der Liste der Welterbestätten zu streichen", schrieb der in New York lebende Deutsche in einem Beitrag der "Süddeutschen Zeitung". Damit werde der Schlusspunkt unter "eine schier einzigartige Kette von Peinlichkeiten" gesetzt.
Zugleich forderte der 63-Jährige, erst recht weiter um einen Baustopp und einen Tunnel als Alternative zu kämpfen. "Wenn man eine welterbeverträgliche Lösung findet, würde die Unesco dies sicher mit einer Wiederaufnahme des Elbtals in die Liste honorieren", mahnte Blobel an die Adresse der verantwortlichen Politiker in Dresden, Sachsen und Deutschland. 1999 hatte der Wissenschaftler 1,6 Millionen Mark (818000 Euro) seines Nobelpreisgeldes für den Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche gespendet.