Wuppertal: Widersprüche von Freiheit, Macht und Pracht
Niederländische Kunst im Wuppertaler Von der Heydt-Museum.
Wuppertal. Alles hat seine Zeit - genau deshalb setzt das Von der Heydt-Museum auf Widersprüchliches. Weil selbst im "Goldenen Zeitalter" nicht alles nur schön war, was glänzte, steckt der Kunsttempel bis zum 23. August voller Gegensätze.
Idealisierte Kriegsdarstellungen, düstere Kampfszenen, leuchtende Porträts und schillernde Stillleben: "Freiheit, Macht und Pracht" sind ab Sonntag in Wuppertal zu erleben.
Der malerische Titel täuscht, denn die Zeit der großen niederländischen Künstler, die mit Meisterwerken von Brueghel, Ruisdael und van Dyck auflebt, hatte auch ihre Schattenseiten.
Direktor Gerhard Finckh und Kuratorin Nicole Hartje-Grave bringen sie ans Tageslicht: 150 Gemälde stehen für die niederländische Kunst des 17. Jahrhunderts, die zusammen mit dem Handel und der Wirtschaft aufblühte, obwohl religiöse Fehden, spanische Erbfolgekämpfe und der 80-jährige Krieg beide Landesteile erschütterten.
Ein Widerspruch, den Finckh erklären kann: "Vorher hatten Künstler Aufträge nur aus den Herrscherhäusern bekommen, nun entstand ein öffentlicher Kunstmarkt." Und der florierte - was nicht nur die Blumengirlande beweist, die Michaelina Woutiers 1652 mit Öl auf Holz bannte.
Zu den Prunkstücken der Ausstellung gehören vor allem zwei pompöse Porträts von Rubens: Der teuerste Maler seiner Zeit ließ seine Mäzene, Erzherzog Albrecht VII. von Österreich und Erzherzogin Isabella Clara Eugenia, vor einem leuchtenden Grün erstrahlen.
Genauso modern, elegant und frisch wirkt die Farbe Lila, mit der Finckh die Wände streichen ließ. Sie ist ein reizvoller Kontrast zu Abraham Storcks eher grauen, stürmischen Meeresszenen, der farbenprächtigen Hochgebirgslandschaft, die Josse de Momper und Jan Brueghel in Szene setzten, und den barocken weiblichen Rundungen, die Nicolaes Verkolje als "Allegorie auf den Wohlstand und die Blüte Hollands" verstanden wissen wollte.
Dabei ist die Zeitreise durch das heutige Holland und Belgien nicht in übliche Kategorien wie Stillleben oder Landschaften gegliedert, sondern folgt einem neuem (wissenschaftlichen) Ansatz und damit zehn Kapiteln, in denen "Arbeit, Alltag und Vergnügen" genauso wichtig sind wie "Das neue Nationalgefühl". Eine perfekte Ergänzung ist der reich bebilderte Katalog (454 Seiten, 25 Euro), der so opulent ist wie die ausgestellten Gemälde.
"Wenn man ins Museum geht, ist man gewohnt, die schönen und heiteren Seiten des ,Goldenen Zeitalter’ zu sehen", sagt Finckh, der dieses Bild ergänzen möchte: Er zeigt das Schöne und Düstere im zeitgeschichtlichen Hintergrund - mit Leihgaben aus bedeutenden Museen wie dem Rijksmuseum Amsterdam und dem Groeningemuseum Brügge. Dazu kommen Exponate aus Privatsammlungen, die zum Teil erstmals öffentlich zu sehen sind. In Wuppertal ist all das kein Widerspruch, sondern eine wunderbare Ergänzung.
21. Juni bis 23. August, Von der Heydt-Museum Wuppertal, Turmhof 8, Telefon 0202/563-6231, geöffnet di-so 11 bis 18 Uhr, do 11-20 Uhr.