Lärmende Klangobjekte: Internationale Schau in Herford

Herford (dpa) - Maschinengewehrfeuer, Orgeltöne oder lautes Ticken - die internationale Ausstellung „Booster“ im Museum Marta (Nordrhein-Westfalen) mit Klangwerken von 47 Künstlern aus neun Ländern nimmt sich wie ein Kuriositäten-Kabinett der Klänge aus.

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Zusammengetragen haben die 150 Exponaten Marta-Chef Roland Nachtigäller und der Berliner Künstler und Co-Kurator Nik Nowak.

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Schon vor dem Eingangsportal zieht ein weißes Wohnwagengespann die Blicke auf sich und lässt aus zwei riesigen Lautsprechern ein deutliches Ticken vernehmen. Es stimmt den Besucher ein auf viele weitere Hör-Erlebnisse im Inneren des Museums. Die Schüsse kommen im Stakkato aus einer ganzen Wand von Lautsprechern, warme Orgeltöne aus einem raumhohen Baugerüst, durch dessen Metallrohre ein Blasebalg Luft strömen lässt.

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„Auf meinen Reisen bin ich immer wieder Künstlern begegnet, die sich mit mobilen Soundsystemen als Kunstobjekt beschäftigt haben“, sagt Nik Nowak. „Aber es gab bislang noch keine Ausstellung, die diese verstreuten Kunstwerke zusammen getragen hat.“

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Der Wahl-Berliner selbst ist durch seine panzerähnlichen Sound-Objekte bekannt geworden, von denen eines in Herford zu sehen ist. Das Kettenfahrzeug mit den eingebauten schwarzen Lautsprechern sieht aus wie ein Requisit aus einem „Star Wars“-Film.

„Der Marta-Direktor Roland Nachtigäller hat mich vor zwei Jahren im Atelier besucht, um den Sound-Panzer anzusehen“, erzählt Nowak. „Dabei hat er auch meine Bildersammlung von mobilen Soundsystemen gesehen. So kam die Idee zustande, daraus eine große Ausstellung machen.“

Für Roland Nachtigäller ist die Schau genau die Art junger Kunst, die zum Konzept des Marta passt: „Die Künstler setzen sich auf intensive und intelligente Weise damit auseinander, wie mobile Soundsysteme das Leben der Menschen beeinflusst und verändert haben. Diese Nähe von Kunst und Alltag hat uns hier im Marta schon immer interessiert.“

Eine Nähe, die so groß ist, dass der Besucher auf den ersten Blick mitunter nicht beurteilen kann, ob er wirklich vor einem Kunstwerk steht. Was ist etwa mit dem Cadillac in satter Violett-Lackierung, mit blitzenden Verzierungen aus Strass-Steinchen und goldenem Chanel-Emblem samt riesiger Bassrolle im Kofferraum?

Carlos Rodon, der unter dem Künstlernamen Dzine arbeitet, beschreibt mit seinem „Pimp juice“, wie sich Menschen in der Öffentlichkeit mit Musik als einer Art Schutzhülle umgeben. Lautsprecher-strotzende Autos oder Kopfhörer und Handy mancher Fahrgäste in der U-Bahn schaffen eine akustische Intimsphäre.

Die Grenze zwischen Spaßfaktor und Aggressionspotenzial ist schnell ausgelotet, die Verbindung zum Sound-Panzer und dem akustischen Kugelhagel von Santiago Sierra leicht nachvollziehbar. Und mit 150 Exponaten von der historischen Jahrmarktorgel bis zu Installationen und Dokumentationen von John Cage, Marcel Duchamp und Jean Tinguely werden Traditionen aufgezeigt.

Dennoch ist „Booster“ (15.2. - 1.6.) weniger die systematisch-kulturgeschichtliche Ausleuchtung eines Genres, als vielmehr eine intuitiv zusammengestellte Kunst-Schau zum Thema Musik, Klang, Geräusche. Aber als solche ist sie ein Genuss für Augen und Ohren.