Niemand will einen Warhol: Kunstmesse „India Art Fair“

Neu Delhi (dpa) - Die Kuh schaut hinter getrockneten Dornenzweigen aus ihrem Schaukasten heraus. Zehntausende laufen an ihr vorbei, und dennoch - und obwohl sie in Indien steht - schaut kaum jemand zurück.

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Das Tier ist ein Werk von Anselm Kiefer, heißt „Pasiphae“, und steht derzeit auf der Kunstmesse „India Art Fair“ in Neu Delhi.

Verkauft war die Kuh am Wochenende noch nicht, und der Leiter der Galerie Klaus Benden aus Köln hatte auch kaum Hoffnung mehr. „Ich habe gerade erfahren, dass für so eine Arbeit in ganz Indien vielleicht nur drei Leute in Frage kommen“, sagt Michael Tekath. Auch seine Andy Warhols ziehen kaum Interessierte an. „Für 15 000 bis
20 000 Euro wollen die Inder etwas Großes, Buntes, Repräsentatives, aber keinen Druck - von dem es auch noch 300 Stück gibt.“

Bestätigt wird dies durch den roten Punkt am großformatigen Ölgemälde von José Enguidanos am Stand von „Die Galerie“ aus Frankfurt am Main. Verkäufer Damiano Femfert erklärt, dass auch sie im ersten Jahr in Delhi auf weniger Interesse stießen und viel erklären mussten. Mittlerweile habe sich eine Stammkundschaft gebildet. „Es gibt einen gehobenen Mittelstand - etwa Ärzte, Rechtsanwälten, Professoren -, der ein konkretes Interesse hat, und außer bei der Messe keine Chancen sieht, an diese Werke heranzukommen“, sagt er.

Beide Galeristen sind sich einig: Die meisten indischen Sammler interessieren sich ausschließlich für indische Kunst. „Ihr müsst uns ein bisschen Zeit geben“, sagt Kishore Singh, Ausstellungsleiter der Delhi Art Gallery, die über eine der größten Sammlungen von indischer moderner Kunst verfügt. „Derzeit werden noch die indischen Meister gekauft. Die Menschen müssen erst einmal die indische zeitgenössische Kunst entdecken, ehe sie nach draußen schauen können.“

Tatsächlich haben viele Inder kaum Möglichkeiten, mit westlicher Kunst in Berührung zu kommen. In den Schulen gebe es kaum Kunstunterricht, Ausflüge in Galerien betrachteten sowohl die meisten Eltern als auch Lehrer als Zeitverschwendung und auch in öffentlichen Gebäuden fehlten Gemälde, wie Singh erklärt. Von der quasi nicht vorhandenen Museumslandschaft für bildende Kunst gar nicht zu sprechen.

Die „India Art Fair“, nun in ihrer 6. Auflage, steht derzeit noch ziemlich alleine im unterentwickelten Kunstmarkt. Doch so langsam bewege sich etwas, meint Tushar Jiwarajka, Gründer der Volte Gallery in Mumbai. Dazu habe auch die Auktion von Christie's im Dezember beigetragen, die erste in Indien. „Das hat neue Käuferschichten angezogen“, meint er.

Wie die anderen 90 Galerien in Delhi schielt auch Jhaveri Contemporary aus Mumbai auf die stängig wachsende Zahl an Millionären in Asiens drittgrößter Volkswirtschaft. So langsam erhole sich der Kunstmarkt in Indien vom Finanzmarktschock 2008, sagt Galleristin Priya Jhaveri. „Wir sind hoffnungsvoll. Derzeit herrscht eine enorme Energie und große Aktivität.“