Pariser Kunstmesse schwingt sich in die Spitzenliga

Paris (dpa) - Nach den Sternen greift Jennifer Flay nicht mehr, wenn sie ihre Pariser Messe für zeitgenössische Kunst in der Promi-Liga spielen sieht - gleich nach der Art Basel und deren Schwesterveranstaltung in den USA „Art Basel Miami Beach“.

„Wir haben uns mit Riesenschritten den Topmessen angenähert“, sagte Flay, die seit 2003 an der Spitze der Pariser Messe steht. Der Höhenflug der Foire internationale d'art contemporain (FIAC) hält seit der Finanzkrise an, der sie eindrucksvoll getrotzt hat. Große Flaggschiffe wie Hauser & Wirth, Gagosian Gallery und White Cube treten mittlerweile mit Ständen auf, die mit Top-Künstlern der internationalen Szene bestückt sind - so wie in Basel und Miami.

Die Zeiten, in denen die FIAC im Wesentlichen ein französisches Event war, sind vorbei. Fehlen nur noch Promis wie Brad Pitt und Roman Abramowitsch, die im Grand Palais einkaufen gehen. Statt Stars gab es am Mittwochabend auf der Vernissage der bis zum 23. Oktober dauernden Messe viele Profis zu sehen: Haupteinkäufer von Sotheby's und Christie's, Museumsdirektoren und Marc Spiegler, Kodirektor der „Art Basel“, der größten Messe für Gegenwartskunst.

Es ist die 38. Ausgabe der Messe, und sie findet ganz unter der 60 Meter hohen Glaskuppel des Grand Palais statt. Die Cour Carrée des Louvre, wo seit 2006 rund 80 jüngere Galerien ihre Kunst zeigten, ist wegen Bauarbeiten geschlossen. Die Einschränkung verlangte Opfer: Statt 194 Kunsthändlern durften nur noch 168 kommen. „Die Entscheidung fiel schwer. Aber da die Galerien immer mehr nach einem einheitlichen Ausstellungsort drängten, entschieden wir uns gegen ein Provisorium“, erklärte die FIAC-Leiterin. Die Auswahl fiel schwer, denn mit rund 650 Galerien haben sich mehr Teilnehmer beworben als in den Vorjahren.

Die Konzentration kam der Qualität zugute. Verkäufliche Flachware ist kaum noch zu finden. Das Programm der jungen Galerien, von denen ein Teil in die neu eröffneten und renovierten Galerien des Grand Palais ziehen konnten, ist anspruchsvoll und originell. „Wir waren extrem selektiv, aber die FIAC hat daran keinen Schaden genommen. Im Gegenteil“, rechtfertige Flay ihre Entscheidung. Die FIAC sei eine der Messen geworden, auf denen die Galerien ihre schönsten Werke zeigten.

Das Publikum weiß das zu schätzen: Neben zahlreichen Werken hing bereits zwei Stunden nach der Vernissage-Eröffnung der rote Punkt, der für „verkauft“ steht. Die Galerie Applicat-Prazan war mit ihren Werken von Serge Poliakoff, Nicolas de Staël und Hans Hartung halb ausverkauft. Auch in der Berliner Galerie Contemporary Fine Arts herrschte reges Gedränge und Interesse, das vor allem den Arbeiten von Georg Herold galt - nicht nur weil sein Material aus dem Feinkostladen stammt. Die Preise der Kaviarbilder des 64-Jährigen, der bei Sigmar Polke studierte, betragen bis zu 350 000 Euro.

In den Kojen wurde viel Deutsch und Englisch geredet, denn nach Frankreich mit 54 Galerien sind vor allem die USA (27) und Deutschland (20) präsent, so wie auf der Art Basel. 36 Galerien sind neu oder nach längerer Abwesenheit wieder dabei wie Kicken aus Berlin und Gmurzynska aus Köln, die ihre Rückkehr besonders feierte: Mit einem von Karl Lagerfeld perfekt durchgestylten Stand. Auch ihr Programm ließ sich nicht lumpen: Neben Scott Campbell, einem der derzeit gefragtesten zeitgenössischen Künstler, hingen bereits die roten Punkte, das Porträt Sylvester Stallones von Andy Warhol war am Abend noch zu haben - für rund 1,1 Millionen Euro.

„Die FIAC, immer mehr "in" und immer mehr "off"“ titelte die französische Tageszeitung „Le Monde“. Die strenge Auswahl des FIAC-Komitees sorgt nicht nur für mehr Qualität. Aus Protest gegen die zunehmende Selektion, Internationalisierung und hohen Standpreise bleiben viele junge und französische Galerien auf der Strecke - auch wenn bis zur nächsten Ausgabe im Grand Palais eine weitere Etage für die FIAC renoviert werden soll.