Streit ums Gold der Krim - Museum zwischen den Fronten
Amsterdam (dpa) - Matt schimmert der goldene Helm. Die Verzierungen erzählen von den heroischen Siegen der Steppenkrieger. Der über 2400 Jahre alte skythische Helm ist das Prunkstück der Amsterdamer Ausstellung: „Die Krim: Gold und Geheimnisse des Schwarzen Meeres“.
Seit Februar liegen die Kostbarkeiten in den Vitrinen im Amsterdamer Allard Pierson Museum. Sie kamen als Leihgaben von Museen der Krim. Doch heute ist ihr Eigentümer unklar, und das niederländische Museum weiß nicht, wem sie zurückgegeben werden sollen. Die Jahrtausende alten Objekte wurden zum Spielball im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine.
Wenn die Ausstellung am Sonntag endet, weiß keiner, was aus dem Gold wird. Auch die drei kostbaren chinesischen Lackkästchen aus der Han-Dynastie von der Seidenstraße, die filigranen Broschen, Juwelen oder die goldene Schwert-Scheide werden dann wieder sorgsam verpackt. Alles wird vorerst „an einem sicheren Ort in den Niederlanden“ gelagert, versichert das Amsterdamer Archäologie-Museum. Wie lange, ist unklar.
Die Objekte stammen aus fünf Museen, eines aus Kiew und vier von der Krim. „Noch nie zuvor hat die Ukraine so viele archäologische Spitzenstücke der Krim ausgeliehen“, verkündete das Museum noch stolz im Februar.
Was man geliehen hat, gibt man auch zurück. Das schien im Februar ganz selbstverständlich und war auch vertraglich geregelt. Doch wenige Wochen später schon war alles anders. Russische Soldaten marschierten auf der Krim ein, ein Referendum folgte, und Russland annektierte die Halbinsel.
Fast unmittelbar darauf erhielt das Allard Pierson Museum Post. Die Museen auf der Krim erinnerten die Amsterdamer mit Nachdruck an die Absprachen. Die Leihgaben müssten auch in der nun veränderten Situation zurück gegeben werden. „Zur Not kommen wir in die Niederlande und nehmen unsere Sachen mit“, sagte ein Museumsdirektor dem niederländischen Fernsehen.
Aber auch Kiew meldete sich. Die Museen auf der Krim gehörten dem ukrainischen Staat. Daher müssten die Amsterdamer alles postwendend nach Kiew schicken, sonst würde es in russische Hände fallen.
Und auch die Russen schalteten sich ein. Empört forderte die Duma in Moskau die Rückgabe des Goldes an die Krim. Der russische Kulturminister Wladimir Medinski sagte russischen Journalisten, dass eine Entscheidung für Kiew „reiner Diebstahl“ wäre.
„Eine sehr komplizierte und einzigartige Situation“, sagte der Direktor des Amsterdamer Museums, Wim Hupperetz. Er sitzt in der Klemme. Wenn er die Objekte zurück auf die Krim schickt, kann er mit einer Klage aus Kiew rechnen. Doch übergibt er sie der Ukraine, folgt wohl postwendend die Klage aus Russland.
Museen sollten sich nicht mit Politik befassen, meint die Archäologin Larissa Sedikova, die einige der nun in Amsterdam gezeigten Stücke mit eigenen Händen auf der Krim ausgegraben hatte. „Es geht um einzigartige Kunst, die für uns unbeschreiblich wichtig ist“, sagte sie. „Sie muss zurück zur Krim.“
Doch das werden wohl die Gerichte entscheiden müssen, erwartet das Allard Pierson Museum, das zur Universität von Amsterdam gehört. Seit Monaten befassen sich Juristen mit der Frage. Auch das niederländische Außenministerium sucht hinter den Kulissen nach einer diplomatischen Lösung und empfing bereits mehrere Delegationen aus der Ukraine und Russland.
Im Mittelpunkt steht dabei der Vertrag zwischen allen betroffenen Museen. Hat damals der ukrainische Staat über die Leihgabe entschieden oder die Museen selbstständig? Was sagt das ukrainische Recht zur Eigentumsfrage?
Unbestritten ist: Die über 130 Objekte sind Staatseigentum. Nur von welchem Staat? Die Vereinten Nationen haben die Annektierung der Krim nicht anerkannt. Auch die Niederlande betrachten die Krim völkerrechtlich noch immer als Teil der Ukraine.
Der Streit ist typisch für die Geschichte der Krim. Zwischen den Vitrinen im Museum zeigt eine Landkarte, wie die Machtverhältnisse sich im Laufe der Jahrhunderte verändert hatten. Die Halbinsel an der Schnittstelle von Europa und Asien wurde einst von Skythen, Hunnen und Goten bewohnt und dann im siebten Jahrhundert vor Christus von den Griechen kolonisiert. Im Katalog heißt es: „Niemand kann die Krim, auf der eigentlich jeder eine Art Immigrant ist, jemals wirklich besitzen.“