Literaturfestival Die Lit.Cologne – eine große Wundertüte

KÖLN · Noch bis zum 11. März läuft in Köln das große Literaturfestival.

Therese Hämer und Olli Dittrich lasen Geschichten von David Foster Wallace.

Foto: Kurz

Sie ist eine Wundertüte – die am Samstag nach elf Tagen zu Ende gehende Lit.Cologne. Das Kölner Literaturfestival mit seinen 170 Veranstaltungen bietet seit dem 1. März in vielfach ausverkauften Hallen und Bühnen großen intellektuellen Spaß. Danach dürstete die Besucher bei dieser bereits 23. Auflage der Veranstaltung, bei der sie die Gelegenheit haben, bekannte Autorinnen und Autoren im moderierten Gespräch oder bei Lesungen zu sehen. So sehr, dass die Menschen trotz der hohen Nach-Karnevals-Corona-Infektionsrate gerade in Köln dicht an dicht die Säle füllen. Sei es im WDR-Sendesaal, der Philharmonie, in den Sartory-Sälen oder auch im Theater am Tanzbrunnen. Und nie weiß man so richtig vorher, was da auf einen zukommt. Wie in den beiden hier beschriebenen Fällen, in denen ein schlauer Autor sich selbst in seinen Gedanken überholt. Oder in dem Fall, in dem ein Comedian ernst und nachdenklich daherkommt.

Das intellektuelle Feuerwerk
des Philipp Blom

Er ist Philosoph, Historiker, Journalist: Philipp Blom sollte eigentlich mit dem Philosophen-Kollegen Markus Gabriel über die Rolle des Menschen in der Natur diskutieren. Gabriel ist erkrankt, und so steht die  Moderatorin Stephanie Rohde vor der nicht einfachen Aufgabe, Blom bei seinen Ausführungen immer wieder zurück in die Spur zu holen. Es geht um sein Buch „Die Unterwerfung. Anfang und Ende der menschlichen Herrschaft über die Natur.“ Da springt der Autor in seinem durchaus unterhaltsamen Redefluss hin und her durch die Geschichtsepochen, um seine These zu erläutern: Der schon vor biblischen Zeiten bekannte Satz „Macht euch die Erde untertan“ sei die Wurzel allen aktuellen Übels inclusive Klimakatastrophe. Mit Anekdoten, Zeit- und Gedankensprüngen lässt er die Zuhörer leicht den Faden verlieren. Die Moderatorin, offensichtlich durch Lektüre des Buches gut vorbereitet, kann ihn aber immer wieder einfangen. Auch wenn der sprachliche Parforceritt auf Kosten stringenter Argumentation geht – die können Interessierte ja immer noch durch Lektüre des Buches nachholen – der lang anhaltende Applaus zeigt, dass auch ein manchmal wirr anmutendes intellektuelles Feuerwerk begeistern kann, so es denn rhetorisch ansprechend präsentiert wird.

Die verblüffenden Essays von David Foster Wallace

Das zweite hier beschriebene Event mag manchen Besucher wegen der zwei großen Namen in die  Sartory-Sälen gelockt haben. Schauspielerin Iris Berben musste zwar auch kurzfristig erkrankt absagen, aber da war ja noch der großartige Comedian Olli Dittrich. Und für Berben sprang kurzfristig und überzeugend die Schauspielerin Therese Hämer ein.

Es ist schon eine seltsame Erfahrung, Dittrich mal nicht mit seiner unnachahmlichen eigenen Komik brillieren zu sehen. Er stellt sich mit ernstem Gesicht und konzentriert in den Dienst eines Autors. Welch ein großartiger Schreiber er doch war, dieser US-Amerikaner David Foster Wallace, dessen Essays Hämer und Dittrich abwechselnd vorlesen und dazwischen Biografisches über den 2008 gestorbenen Autor erzählen. Ein großartiger Beobachter der Menschen. Ob er nun minutenlang einen einzigen Ballwechsel im Profi-Tennisspiel beschreibt, der dem Zuhörer den Eindruck vermittelt, er habe die Szene selbst im Bild verfolgt. Oder wie er die Menschen in einem amerikanischen Haushalt beobachtet – an dem Tag, an dem die Flugzeuge in die Türme des World Trade Center fliegen. Oder seine mit beißendem Humor und bitterer Distanz geschilderten Erlebnisse auf einer Luxus-Kreuzfahrt, für das ihm ein Magazin das 3000-Dollar-Ticket bezahlt, mit dem Auftrag: Schreib einfach auf, was du da siehst. Gut investiertes Geld, weil er die Magazin-Leser und auch uns ganz nah dabei sein lässt.

Da will man Olli Dittrich und Iris Berben erleben und bekommt einen großartigen Autor empfohlen. Auch das ist Lit.Cologne. Informationen über das Programm bis Samstag unter: