Profis und Laien-Schauspieler in „Making of Shakespeare“ Party und poetische Träumerei
DÜSSELDORF · „Du Weltweiser und Welt-Verzauberer, Du Menschheits-Erfinder, Du Leuchtfeuer im Grauen der Welt.“ Gleich zu Beginn ihrer Performance winden zwölf Schauspieler ihrem Star William Shakespeare einen Ruhmes-Kranz.
Mit glühenden Worten, stampfendem Disco-Stakkato-Rhythmus und in übermütiger Partystimmung. Manchmal so ausgelassen wie bei einem Abischerz. Denn fünf Mimen des Schauspielhauses treten erstmals gemeinsam auf die Bretter mit Jugendlichen zwischen zwölf und 16 Jahren. „Kunst trifft auf Fun“, stellt Jonas Friedrich Leonhardi mit spöttischem Grinsen fest.
Egal: Ob Profi oder Jung-Laie, ob die versierte 38-jährige Minna Wündrich oder der zwölfjährige Newcomer Gustaf Steindorf – alle träumen von ihrem Megastar, dem Theaterkaiser des frühen 17. Jahrhunderts aus Stratford-upon-Avon. Und ziehen dabei auch die Entertainment-Register.
„Making of Shakespeare“ nennt Autorin und Regisseurin Joanna Praml ihre heiter-tiefsinnige, freche Szenen-Collage, in der Darsteller jeder Altersgruppe von sich und ihrer Arbeit erzählen, nach Herzenslust in zahlreiche Rollen schlüpfen und das Premieren-Publikum im Sturm erobern. In Jeans und elisabethanischer Halskrause. Und das in knapp 100 Minuten ohne eine Sekunde Langeweile.
Stichwort „Sturm“, dem letzten Shakespeare-Drama, aus dem zahlreiche Figuren wiederzuerkennen sind: Da begegnen Schiffbrüchige auf einer Insel dem Luftgeist Ariel, dem Sklaven Caliban und einem Liebespaar, dem Königssohn Ferdinand und Miranda, der Tochter von Prospero, sowie dem vertriebenen Herzog von Mailand. Diese Szenen aus den Klassikern laufen aber nicht geordnet ab, sondern mischen sich virtuos mit Exkursen in das Schauspieler- oder Schülerleben. Beispielsweise träumt der 16-jährige Hendrik von Hollywood, der 14-jährige Adrian hat zuvor noch nie etwas von Shakespeare gehört.
Kein Wunder, dass bei den coolen Jugendlichen von heute auch „Romeo und Julia“ hoch im Kurs stehen. Emir Özdemir und Alrun Juman Göttmann wählen für die berühmte Liebesszene das Parkett: Was sie trennt, ist das Publikum – stellvertretend für ihre Clans, die Capulets und Montagues. Die beiden Pennäler spielen mit schäumender Leidenschaft, artikulieren in bedeutungsvollem Bühnen-Deutsch, switchen aber unvermittelt um in ihre Jugendsprache. „Voll krass“ inklusive.
Plötzlich Wechsel zum „Sommernachtstraum“, in dem der Magier Oberon und Titania mit Zaubertropfen die Sinne von Liebespaaren vernebeln und damit den legendären Partnertausch in Gang setzen. Jonathan Gyles vom Jungen Schauspielhaus-Ensemble in Superman-Zaubermontur mimt den Oberon, entpuppt sich später als Music-Allrounder – mal als Romantiker am Steinway-Flügel, an seiner Gitarre oder als röhrender Jazzer mit dem Saxophon. Hanna Werth indes betört als starke Jazz-Diva.
Wenn der Abend manchmal auch abgleitet in lässige Parodie und ulkigen Pennäler-Radau, so kriegen am Ende Regisseurin und Ensemble immer wieder die Kurve. Manchmal beginnen sie mit Alltags-Banalitäten, klagen über Corona und den menschenverachtenden Ukraine-Krieg und landen plötzlich bei der Londoner Pest, während der zu Shakespeares Lebzeiten alle Theater geschlossen werden mussten. Erstaunlich, wie „alte Hasen“ und Youngster harmonieren: Bei ihrem Bühnen-Debüt wirken Letztere, auch Gustaf, der jüngste Mime, authentisch – nicht nur wenn sie sich selbst spielen, sondern auch wenn sie eine Dramen-Figur verkörpern und zitieren.
Fazit: Die Kooperation zwischen hauptberuflichem Ensemble und Düsseldorfs „Stadt:Kollektiv“ (früher Bürgerbühne) funktioniert bei Pramls temperamentvollem Mix aus sprühender Unterhaltung und poetischer Träumerei, aus Party-Satire, Selbst-Ironie und ernsten Sujets. Nebenbei mutiert das Ganze zu einer Talentshow. Einige der Schüler haben Theater-Blut geleckt und werden nicht das letzte Mal auf der großen Bühne gestanden haben.
Vorstellungen am 4. und 20. Mai sowie 22. Juni; Tel. 0211/369911