62 000 feiern bei Rock im Park

Ein kalter Start für eines der größten deutschen Musikfestivals. Noch bis kurz vor Beginn von Rock im Park beriet das Verwaltungsgericht über eine Lärmklage der Anwohner.

Nürnberg. 12 Grad und Wolkenverhangener Himmel - das Rock-im-Park-Wochenende haben sich die 62000 Musikfans sicherlich anders vorstellt. Doch am Anreisetag des großen Musikfestivals ist und bleibt es kalt. "Das wird sicherlich ne ungemütliche Nacht", sagt Katharina (20), die am Donnerstag mit dem Zug aus Köln angereist ist, weil sie für das Zwillingsfestival Rock am Ring keine Karte mehr ergattern konnte.

Von der Kälte am Donnerstag ließen sich die Festivalbesucher am Nürnberger Dutzendteich jedoch nicht die Laune verderben. Würtschenduft liegt in der Luft, Jugendliche und junge Erwachsene prosten sich gegenseitig mit Bierdosen zu. Am nächsten Morgen bilden sich lange Warteschlangen vor den Duschen. Heißes Wasser auf der Haut - mehr möchten die frierenden Fans nicht.

Dass sich währenddessen in den Räumen des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofs ein Drama abspielt, ahnen nur wenige, die am Dutzendteich zelten. Erst in letzter Sekunde entscheiden die Richter in München, dass das Festival überhaupt stattfinden darf. Sie weisen damit Beschwerden von Anwohnern wegen unzureichender Lärmschutzmaßnahmen zurück. Nachbarn wollten das dreitägige Dauerkonzert mit einem Eilantrag verhindern, da sie "unzumutbare Lärmbelästigungen" fürchteten.

Eine Absage der Veranstaltung würde jedoch zu einem erheblichen wirtschaftlichen Schaden bei den Veranstaltern und der Stadt führen, begründet das Gericht seine Entscheidung. Außerdem wären Ausschreitungen angereister Fans zu befürchten.Das Konzert kann also beginnen - und die Fans bleiben friedlich. Den kaum sind die ersten Klänge an der Alternastage zu hören, schaut auch die Sonne hinter den Wolken hervor. Wollpullover werden gegen T-Shirts und Sonnenbrillen getauscht.

Besonders dem Auftritt der deutschen Band Tomte fiebern am Nachmittag schon viele Besucher entgegen. Doch so gelangweilt, wie Sänger Thees Uhlmann dem Publikum gegenübersteht, kann der Funke einfach nicht auf die Fans überspringen. Die meisten machen sich nach 20 Minuten auf zur nächsten Bühne oder suchen sich ein nettes Plätzchen auf der Wiese. Denn im Sitzen oder Liegen lässt sich der Sound gut ertragen. Gespannte Erwartung auch bei den Guano Apes - hatten die sich nicht eigentlich getrennt? Warum machen die denn nun wieder zusammen Musik? Wegen des Geldes? Viele Fragen - keine Antworten.

Auch hier an der Centerstage, der großen Hauptbühne, ist die Stimmung eher verhalten. Nur als "Lord of the Boards" ertönt, mobilisiert die Menge ihre Kräfte und gröhlt lautstark mit.Anders bei Billy Talent. Die Kanadier springen auf die Bühne, schicken herausfordernde Blicke ins Publikum - und schon springt die Meute kreuz und quer durcheinander. Nicht nur in den ersten Reihen. Kein Wunder - zwei Alben mit vielen Hits wie Red Flag haben die Musiker im Gepäck. Und auch die erste Single vom neuen Album Billy Talent III kommt gut an. Das Konzert: eine perfekte Mischung aus aggressiven Rocksounds und radiotauglichen Melodien.

Weniger Melodien - dafür mehr Härte: Limp Bizkit, die Nu-Metal-Könige melden sich bei Rock im Park zurück. Und sie geben ein großartiges Comeback - unbekannte Stücke mischen die US-Musiker mit ihren alten Hits und halten die Fans bis kurz vor 23 Uhr in Atem. Derweil verzaubern die großartigen The Kooks mit ihren perfekten Pop-Melodien nicht nur die Mädchen an der Alternastage. Auch die Jungs starren gebannt zur Bühne - vielleicht wünschen sie sich ein wenig von dem Talent der Musiker. Sie mischen Rock mit Pop, durchbrechen musikalische Grenzen, indem sie selbst Elemente aus Ska, Heavy Metal oder Reggae nehmen, neu zusammen puzzeln - und trotzdem noch harmonische Klänge entstehen lassen.

Obwohl es nun schon nach Mitternacht ist - Schluss mit der Musik ist noch lange nicht. Peter Fox, Mitglied der Band Seeed, träumt mit den Fans von einem Haus am See oder erlebt mit ihnen den Sonnenaufgang in Berlin, wenn sich die Farbe des Himmels langsam von schwarz zu blau verändert.Einen Dämpfer gibt es noch einmal am Samstag - dicke Regentropfen rauen die spiegelglatte Wasseroberfläche des Dutzendteichs auf. Doch schon Mittags ist es wieder trocken - Juliette Lewis, Selig, Papa Roach, Placebo und Korn können sich also auf gut gelaunte Fans freuen.

Karten gibt es für Samstag und Sonntag zu je 75 Euro an der Tageskasse.