Bayreuther Festspiele starten mit „Tannhäuser“
Bayreuth (dpa) - Bayreuth setzt weiter auf Ideen aus Berlin. Nach Frank Castorfs umstrittener Inszenierung des „Rings der Nibelungen“ soll der Intendant der Komischen Oper Berlin, Barrie Kosky, eine Neuproduktion auf die Festspiel-Bühne bringen.
„Es ist uns gelungen, den renommierten Opernregisseur Barrie Kosky für die Neuinszenierung "Die Meistersinger von Nürnberg" 2017 zu gewinnen“, sagte Festspiel-Leiterin Katharina Wagner der Zeitung „Nordbayerischer Kurier“ (Freitag). Der Australier Kosky beschreibt seine Beziehung zu Richard Wagner als kompliziert, erkennt Antisemitismus in dessen Stücken und verzichtet in Berlin auf Opern des Komponisten.
Castorf kritisierte am ersten Festspieltag die Umbesetzung eines Sängers und Versuche, Einfluss zu nehmen auf seine Inszenierung. „Ich drohe nicht, aber ich sage, was sich nicht gehört“, sagte der Intendant der Berliner Volksbühne der Deutschen Presse-Agentur in Bayreuth. Katharina Wagner wiederum deutete im „Nordbayerischen Kurier“ an, manche Opernfreunde könnten Bayreuth wegen Castorfs stark kritisiertem „Ring“ gemieden haben. Auf die Frage, ob viele Besucher keinen dekonstruierten „Ring“ sehen wollten und deshalb lieber woandershin gefahren seien, antwortete Wagner: „Das kann auch sein, das will ich nicht ausschließen.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will sich den „Ring“ nach Festspiel-Angaben in diesem Jahr jedoch zu Ende anschauen. Das habe sie 2013 nicht geschafft. Zur Eröffnung am Freitag wurde die Kanzlerin wie zahlreiche andere Prominente allerdings nicht erwartet - „aus terminlichen Gründen“, wie ein Festspiel-Sprecher sagte. Zum „Tannhäuser“, der Teile der Handlung in eine Biogasanlage verlegt und dieses Jahr zum letzten Mal auf dem Bayreuther Spielplan steht, kamen am Freitag aber Besucher wie Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (beide CSU) oder der Schlagersänger Robert Blanco.
Insgesamt erwarten die Festspiele 58 000 Zuschauern zu 30 Opernaufführungen bis zum 28. August. Neben dem „Ring“ und dem „Tannhäuser“ stehen „Der fliegende Holländer“ und „Lohengrin“ auf dem Spielplan. Außerdem wird der „Tannhäuser“ in der umstrittenen Inszenierung von Sebastian Baumgarten am 12. August erstmals live aus dem Festspielhaus bundesweit in zahlreiche Kinos übertragen.
Wie das Publikum im zweiten Jahr auf Castorfs Inszenierung reagieren wird, die 2013 bei den Zuschauern komplett durchfiel, ist in diesem Jahr ohne Neuproduktion eine der spannendsten Fragen in Bayreuth. Nach dem vierten Teil, der „Götterdämmerung“, wurde Castorf eine Viertelstunde lang ausgebuht, Dirigent Kirill Petrenko wurde dagegen frenetisch gefeiert.
Die Wagner-Festspiele seien „beinahe so etwas wie ein Aushängeschild unserer Kulturnation“, sagte Kulturstaatsministerin Monika Grütters vor der Eröffnung. Grütters bezeichnete die Bayreuther Festspiele als „ein herausragendes Kulturereignis mit ungebrochener Anziehungskraft für Wagnerianer aus aller Welt“ und fügte hinzu: „Ein Opernabend hier auf dem "Grünen Hügel" verspricht immer auch eine besonders sinnliche und künstlerisch einzigartige Erfahrung.“
2,23 Millionen Euro lässt sich der Bund das Opern-Spektakel in diesem Jahr kosten. Außerdem beteiligt sich der Bund mit 10 Millionen an der Sanierung des Festspielhauses und mit 3,5 Millionen an der Neugestaltung des Richard-Wagner-Museums.
Trotz der Investitionen in Bayreuth sollen sich die Sänger künftig auch andernorts vorstellen. Der gebürtige Berliner und Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden, Christian Thielemann, habe als musikalischer Berater nur während der Festspielzeit selbst eine größere Anwesenheitspflicht, sagte der kaufmännische Festspieldirektor Heinz-Dieter Sense. „Die Vorsingen werden auch nicht mehr alle in Bayreuth stattfinden können, sondern vielleicht auch mal in Dresden oder Berlin. Je nachdem, wo man die Leute am besten hinkriegt“, sagte Sense. „Bayreuth ist ja manchmal verkehrstechnisch nicht so gut zu erreichen.“