Madison Square Garden Billy Joel: Triumphales Jubiläumskonzert in New York
New York (dpa) - Seit 25 Jahren hat Billy Joel kein neues Popalbum mehr veröffentlicht, doch das ist an diesem denkwürdigen Mittwochabend vollkommen egal.
Es ist ein Konzert der Superlative, das der 69-jährige Sänger, Songschreiber und Pianist im legendären Madison Square Garden gibt - und ein großer Triumph.
Zum 100. Mal spielt Joel in der rund 20.000 Zuschauer fassenden New Yorker Konzerthalle, häufiger ist dort kein anderer Künstler jemals aufgetreten. Aktuell gibt er seit vier Jahren einmal monatlich ein Konzert im Madison Square Garden, alle Shows waren laut Veranstalter ausverkauft. Seit 1978 wurden zwei Millionen Tickets abgesetzt.
„Ich könnte mir keinen besseren Höhepunkt meines Lebens vorstellen“, sagt Joel am Mittag über das bevorstehende Konzert. Und der Abend beweist vom ersten Takt an, warum das so ist. „Schließ' deine Augen, und es ist wieder 1982“, hatte das Magazin „New Yorker“ einmal über diese Konzerte geschrieben. Ob „We Didn’t Start The Fire“, „River Of Dreams“ oder „She’s Always A Woman To Me“ - das Publikum geht mit und schwelgt in Erinnerungen an die zurückliegenden Jahrzehnte - womöglich auch an Zeiten, die sich im Nachhinein einfacher anfühlen.
Wie stets wiederholt Joel den schönen Einfall, an einigen Stellen den Fans zwei Songs zur Auswahl zu geben - und spätestens als die etwas sperrige Russland-Ballade „Leningrad“ allenfalls Anstandsapplaus bekommt, ist klar, dass dieser Abend Nostalgie und Eskapismus bieten soll. Genau dies liefert Joel hervorragend.
Seine Musik ist vor allem in den USA seit Jahrzehnten allgegenwärtig. Keine Bar zwischen New York und San Francisco kommt auch nur einen Abend ohne Joels leicht angerockten Americana-Pop aus. Als dann auch noch ein anderer Held dieser US-Poprock-Romantik auf die Bühne kommt, steigert sich die Stimmung in der Halle ins Ekstatische: Bruce Springsteen gibt sich für drei Songs die Ehre, das Publikum dröhnt „Bruuuuuuce“ und kann sein Glück über den Stargast kaum fassen.
Viele Schnurren aus seiner eigenen Karriere erzählt Joel vor und nach diesem Intermezzo nicht - Konzert Nummer 100 ist kaum anders als die New Yorker Vorgänger. Auf der Videoleinwand tummeln sich Stahlarbeiter und das New York der 70er Jahre, und vor dem fast zu 100 Prozent weißen Publikum fällt kein Wort über die Politik da draußen.
Dafür werden während der Songs aus dem Publikum fast ausschließlich junge Frauen gezeigt. Laut „New Yorker“ war Joel schon vor Jahren der Tatsache überdrüssig, dass auf den teuersten Sitzen direkt vor ihm häufig die gelangweilte Geld-Elite der Stadt saß. Seitdem schwirren seine Mitarbeiter vor dem Konzert auf die oberen Ränge aus und suchen nach Frauen, die in die erste Reihe gebeten werden.
Musikalisch oder inhaltlich wagemutig ist dieser Abend also nicht. Letztlich weiß dieser Künstler selbst am besten, dass sein Wohlfühl-Repertoire genau das Erfolgsrezept der Marke Billy Joel ist. Das Publikum johlt, als er aus Sicht des „Piano Man“ über seinen Arbeitgeber, den Besitzer einer Bar, singt: „Er weiß, dass die Leute extra meinetwegen kommen, damit sie das Leben da draußen für eine Weile vergessen können.“