Daniel Hope: Mit Musik gegen Neonazis
Berlin (dpa) - Der britische Stargeiger Daniel Hope (36) ist bekannt für seine Grenzgänge in der Musik. Dieses Jahr ist er erstmals als Künstlerischer Direktor für die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern verantwortlich.
In einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa sagt er, welche Schwerpunkte er bei dem beliebten Musikfestival (10.6. bis 11.9.) setzen will und warum er seine Geige so mag.
Was liegt Ihnen für die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern besonders am Herzen?
Hope: „Ich möchte dieses tolle Festival weiter mit musikalischen Ideen unterstützen. Diese Aufgabe verstehe ich auch als eine politische Herausforderung. Ich habe jüdische Wurzeln, und meine Familie hat unter der Nazi-Zeit sehr gelitten. Deshalb ist es für mich besonders erschreckend, mit Neonazis und Skinheads die Geister der Vergangenheit wieder zu sehen, egal wo. Bei dem Festival setzen wir uns damit auseinander. Wir haben ehemalige Synagogen wieder als Spielstätten eröffnet, wir spielen von den Nazis verbotene Musik und erinnern an Musiker, die in der NS-Zeit ermordet wurden. Ich möchte auch Lesungen anbieten und die Musik-Wortprogramme ausbauen. Denn das ist für mich das A und O: das Sprechen darüber und nicht das Schweigen davon.“
In unseren Konzertsälen ist das Publikum reichlich überaltert - muss das so sein?
Hope: „Bei klassischen Konzerten gab es sicher schon immer ein etwas älteres Publikum. Ich glaube nicht, dass sich im 19. Jahrhundert viele junge Leute eine Konzertkarte leisten konnten oder eingeladen wurden. Das entschuldigt trotzdem nicht, dass wir uns wenig Gedanken machen, wie wir jungen Leuten einen Zugang zur Musik eröffnen. Und das erreicht man, indem man in Schulen geht, Kinderkonzerte organisiert, den Kindern die Möglichkeit schafft, unmittelbar eigene Erfahrungen mit Musik zu machen. In Deutschland gibt es wunderbare Beispiele dafür wie die Organisation Rhapsody in School oder die Stiftung Junge Ohren. Aber davon brauchen wir mehr.“
Wie wertvoll ist Ihre Geige?
Hope: „Meine Gagliano von 1769 ist ein wunderschönes Instrument, aber sie gehört nicht zur absoluten Topgarde. Ich habe sie mit 15 meinem früheren Lehrer Yehudi Menuhin abgekauft und dafür einen großen Kredit aufgenommen. Inzwischen gehört sie mir. In Chicago wird derzeit eine Guarneri del Gesu für 18 Millionen Dollar angeboten, die Mona Lisa unter den Geigen, aber ich glaube nicht, dass ich das passende Kleingeld dafür habe. Das Problem ist, dass solche Instrumente inzwischen als reine Investition angesehen werden. Die Chinesen und die Russen haben enorm viel davon gekauft. Und das ist wirklich ein Drama. Wenn so ein Instrument nicht gespielt wird, sondern nur von Tresor zu Tresor wandert, geht es kaputt. Man muss es spielen und pflegen und lebendig halten.“
Gespräch: Nada Weigelt, dpa